Die Verantwortung der Programmverantwortlichen ist enorm. Es spricht viel dafür, dass sich viele Bürger:innen als „Repräsentationsverlierer“ begreifen, sich also mit ihren Einstellungen und Werten im politischen System nicht hinreichend vertreten fühlen. Die Darstellung in den Medien vermittelt ein Bild vom politischen Spektrum. Aus Studien ist bekannt, dass das Vertrauen in die Medien – auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf hohem Niveau bleibt, aber die Zahl der Menschen erstaunlich hoch ist, die sagen, die Medien bildeten nicht die gesellschaftliche Vielfalt ab.
Das ist besorgniserregend mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wie Journalist:innen das Spektrum des politischen Normalen definieren, dürfte auf die wahrgenommene Repräsentation politischer Kräfte durch die Bürger:innen erheblichen Einfluss haben. Zusammenhaltssensibler Journalismus sollte die Repräsentation dann aber in einer Form realisieren, die einer Spaltung der Gesellschaft nicht Vorschub leistet. Insoweit stehen die Verantwortlichen in den Sendern vor einem Dilemma. Schließen sie Politiker:innen an den Rändern von der Diskussion aus, müssen sie sich dem Vorwurf aussetzen, in der Bevölkerung weit verbreitete Positionen – entgegen dem Auftrag – nicht abzubilden. Laden sie jedoch unterschiedslos auch extremistische Politiker ein, kann dies etwa Programmgrundsätzen entgegenstehen.
Wolfgang Schulz, lto.de, 02.07.2023 (online)
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