ARD versus BILD? Gegenkampagne gegen Kampagne?

„Ich habe ein bisschen den Überblick verloren, wie viele ARD-Leute mich in den vergangenen Wochen angerufen haben, um mich zu fragen, ob ich nicht in ihren Sendungen erzählen möchte, wie schlimm die „Bild“-Zeitung ist. Der halbe WDR scheint mit der Recherche (oder jedenfalls: Akquise) beschäftigt zu sein … Hinzu kommen Anfragen aus dem Hauptstadtstudio und vom MDR“, berichtet Stefan Niggemeier.

„Hat die ARD eine Kampagne gegen die „Bild“-Zeitung vorbereitet, um einer drohenden Artikelserie gegen Gebührenverschwendung zu begegnen?“ fragt spiegel.de. „Der Sender bestreitet das – jetzt ist ein internes Papier öffentlich geworden, das die Vorwürfe stützt.“

 

 

Aufgegriffen hatte diese Frage Ulrike Simon in der Frankfurter Rundschau schon vor fast zwei Wochen: „Während ARD-Sprecher Stefan Wirtz die Gründung einer virtuellen Medienredaktion unter Leitung von Willi Schlichting (WDR-Hörfunk) und Martin Hövel (WDR-Fernsehen) heftig dementierte, wurde der Vorgang von hochrangigen Vertretern der öffentlich-rechtlichen Sender ausdrücklich bestätigt.“

BILD soll 50 bis 60 Fragenkataloge an den Sender geschickt haben, so sueddeutsche.de. Die ARD dementiere, sie rüste sich mit einer „virtuellen Medienredaktion“ zum Gegenschlag. Aus Sicht des WDR-Hörfunkdirektors Wolfgang Schmitz stelle sich der Sachverhalt so dar: Es habe keine Anweisung der ARD-Intendanten für eine „virtuelle Medienredaktion“ gegeben. Vielmehr habe er, um auf eventuell verzerrende Artikel von Bild reagieren zu können, die Radio-Medienredaktionen der Anstalten gebeten, Sendungsideen zu entwickeln. „Diese Sendungsideen scheinen schon sehr konkret zu sein.“ So die Berliner Zeitung. „Es gibt einen Themenplan, koordiniert wird das Ganze auf Hörfunkseite von Willi Schlichting, bei WDR 5 zuständig für das Medienmagazin „Töne – Texte – Bilder“, und auf Fernsehseite von Martin Hövel, einst Mitbegründer der Sendung „ZAK“ und heute Redaktionsleiter des „ARD-Morgenmagazins“.

Was sagt Wolfgang Schmitz im aktuellen Interview mit der Frankfurter Rundschau dazu: „Wenn man mutmaßlich in eine publizistische Auseinandersetzung gezwungen wird, wird man gut daran tun, sich dafür zu wappnen – mit Gegenargumenten.“

Doch wieso will man sich in diese publizistische Auseinandersetzung in eigener Sache begeben? Wieso muss man dazu Beiträge wie Munition im Lager haben? Wieso will man nur reagieren und nicht agieren?

Wenn die BILD Falsches schreiben sollte, kann man eine Richtigstellung durchsetzen. Das würde die BILD treffen. Wenn BILD Zusammenhänge falsch darstellen sollte, müsste sie eine Gegendarstellung bringen. Nichts ist „dagegen einzuwenden, dass sich ARD-Programme mit BILD-Machenschaften beschäftigen. Anders liegt der Fall, wenn es sich dabei um von oben verordnete Krisen-PR handelt, die als Journalismus getarnt daherkommt“, stellt in der Frankfurter Rundschau Ulrike Simon fest. Und so liegt der Verdacht nah, „dass die Intendanten den ARD Medienjournalismus als probates Mittel zur Instrumentalisierung für eigene Interessen sehen.“ So die Berliner Zeitung.

Die ARD hat schon jetzt ausreichend Material für eine BILD-Themenwoche. Warum sollte die ARD, die mit ihren vielen Journalisten auch tagesaktuell arbeitet, nicht in der Lage sein, auch in eigener Sache tagesaktuell zu reagieren? Die in jahrelangen Auseinandersetzungen gestählten Medienpolitiker in den Intendanzen waren bisher in der Lage, jeden Vorwurf zu kontern.

Doch „wollen die Intendanten unter Vorsitz von WDR-Chefin Monika Piel nämlich den ersten Schuss von Bild abwarten. Sollte das Blatt die Serie unter Verschluss halten, werde auch die virtuelle Medienredaktion wieder in der Versenkung verschwinden. Sobald Bild aber loslegt, sei man gewappnet für die Gegenwehr. Den Startschuss zu geben, behalten sich die Intendanten vor.“ Und so scheint man sich nur dafür aufzurüsten, um mit Rufschädigung drohen zu können. In der Hoffnung, dass BILD schweigt.

Schließlich muss man ja die Schlacht nicht nur überleben. Man sollte auch nicht zu viel verlieren. Nicht wenige Moderatoren und Schauspieler machen gemeinsame Sache mit BILD. Die Presseabteilungen wünschen, dass Sendungen publik gemacht werden. Der eine oder andere Sender sucht dann und wann mit der BILD eine neue Wetterfee.

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