Claas Danielsen fordert medienpolitische Strategie im MDR-Gebiet sowie Fonds für ambitionierte Dokumentarfilme

Claas Danielsen, der jahrelange Leiter des Leipziger Dokfilmfestivals, gab dem Trailer (4/2014, S. 8 ff.), der Zeitschrift der Mitteldeutschen Medienförderung, ein Abschiedsinterview. Darin offenbarte er u.a., welchen Plan er nicht umsetzen konnte, was er vom MDR sowie der Medienpolitik erwartet:

 

Fonds für ambitionierte, künstlerisch wichtige Dokumentarfilme

 

„Eine Plattform, die mir von Beginn an quasi als Sahnehäubchen vorschwebte, ist ein Fonds, mit dem man ambitionierte, künstlerisch wichtige Dokumentarfilme voranbringen kann. Diese Werke würden dann im Rahmen von DOK Leipzig ihre Weltpremiere erleben und dem Festival noch mal einen großen Schub geben. Leider gibt es den Fonds bis heute nicht. Ich hatte in meiner Doppelfunktion als künstlerischer Leiter und Geschäftsführer nicht genügend Zeit und Kraft, dieses Projekt zu forcieren. …

Die Notwendigkeit eines solchen Fonds ist noch viel größer geworden, weil sich die klassischen Finanzierungswege für Dokumentarfilme verändert haben. Gerade das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat als Finanzierungspartner dramatisch an Bedeutung verloren. Die Budgets sind gesunken; die Sendeplätze wurden entweder ins Nachtprogramm oder zu den Spartenkanälen verschoben oder sind im ungünstigsten Fall ganz verschwunden. Mit einem Fonds könnte man außergewöhnliche Projekte ermöglichen und ihnen Sichtbarkeit verschaffen, was wiederum die Programmqualität des Festivals stären würde. In Zusammenarbeit mit Mäzene und Stiftungen wäre es vermutlich am besten zu verwirklichen. Es gibt in Deutschland prinzipiell eine gut funktionierende Förderstruktur, aber man sollte darüber nachdenken, die Regularien anzupassen, was die Auswertung von Dokumentarfilmen anbelangt. Eine Fernsehauswertung als Grundvoraussetzung für eine Förderung anzusehen, ist einfach nicht mehr realistisch.“

 

Fehlende Strategie zur Entwicklung der Branche inklusive Nachwuchsförderung

 

„Was mir in Mitteldeutschland aber noch fehlt, ist eine wirkliche Strategie, wie sich die Medienbranche entwickeln soll und wofür man Talente und Nachwuchs gezielt ausbilden will. Es hat sich in dieser Hinsicht schon viel getan, aber wenn man Filmproduktionsfirmen ermöglichen möchte, noch stärker in der Region zu produzieren und Regionaleffekte zu erzielen, braucht man mehr qualifiziertes Personal. … Talentförderung mit einem Mentoring zu verbinden, kann fruchtbare Effekte haben, ohne viel Geld zu kosten.“

 

Herausforderungen im MDR-Gebiet

 

„Es gibt in der Region bereits einzelne sehr profilierte sowie einige vielversprechende junge Produktionsfirmen. Um die unabhängige Produzentenszene in der MDM-region zu stärken und ihr eine echte Perspektive zu bieten, muss allerdings noch mehr geschehen. So etwas kann aber nicht nur eine Fördereinrichtung wie die MDM gewährleisten. Da sind auch die Fernsehsender, allen voran der MDR, gefragt. Er sollte bestimmte Felder über Tochterfirmen nicht dominieren, so dass unabhängige Anbieter wenig Chancen haben, sondern ein vitales Interesse an eine vielfältigen Produzentenlandschaft haben. Nur so kommen Innovationen zustande, die ein Sender selbst nicht leisten kann. Auch von politischer Seite sollte diese unabhängige Szene noch stärker unterstützt werden. … Elementar damit zusammen hängt die Vergütung von Kreativen sowie die Möglichkeit für Produzenten, Rechte zu behalten und dadurch Eigenkapital aufbauen zu können. Nur so können sie auch international konkurrenzfähig werden. Wenn wir das nicht schaffen, fürchte ich, kann der Medienstandort auf Dauer nicht überleben.“

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)