Die Euro-Krise in den Fernsehnachrichten

 

 

Thomas Zapf-Schramm vom IFEM hat einmal untersucht, wie sie „Euro-Krise“ in den Fernsehnachrichten dargestellt wurde. Seine Untersuchung hat er in Media Perspektiven (03/2013, S. 165 ff.) veröffentlicht. „Die Untersuchung wurde auf den Zeitraum Oktober 2009 bis Dezember 2012 begrenzt. Dabei ist der Anfangspunkt der Eurokrise (oder Schuldenkrise der EU-Länder) nicht eindeutig zu bestimmen, mehrere Veröffentlichungen (2) sehen jedoch als Beginn das Bekenntnis der neu gewählten griechischen Regierung im Oktober 2009, dass die Zahlen über die Haushaltslage des Landes, mit denen die Aufnahme in den Euro erreicht worden war, geschönt waren und das Haushaltsdefizit deutlich höher war, als bis dahin behauptet. Dieses Bekenntnis führte zu einer Herabstufung Griechenlands durch die Ratingagenturen und leitete die Prozesse ein, die bis heute andauern.“

 

Schon die Wahl des Zeitpunktes macht deutlich, dass die griechischen Probleme als selbst verursacht gesehen werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass schon mehr als zwei Jahre zuvor die erste deutsche Bank – die Sächsische Landesbank gerettet werden musste. Und es berücksichtigt nicht die Prozesse, die den Problemen einzelner Banken wie auch in der Folge der Länder, die Banken retten mussten und dadurch sich hoch verschuldeten, vorausgingen. (Siehe ARTE, Goldman Sachs – eine Bank regiert die Welt)

Dies umfassend darzustellen, ist in Nachrichtensendungen des Fernsehens kaum möglich. Doch es bleibt die Frage, ob die Begriffe, die Prozesse auf den Punkt bringen und erklären sollen, die richtigen sind.

Die Suchbegriffe waren allgemeiner Art – wie Schulden, Krise, Euro, Sparen, Kredit, Rating, Bank, Protest, Demonstration usw.- Doch es wurde auch nach speziellen Begriffe wie EZB, IWF, EFSF, ESM, Troika. Gesucht. Nach einer „maschinellen“ Vorauswahl verblieben nach Sichtung immerhin noch 4175 relevante Beiträge der Nachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL und Sat.1.

„Bei der „Tagesschau“ waren es insgesamt 1395 Minuten, bei „heute“ 1236, bei „RTL aktuell“ 708, bei den „Sat.1 Nachrichten“ 571, bei den „Tagesthemen“ 2012, beim „heute-journal“ 2202. Im Durchschnitt aller Nachrichtensendungen lag der Anteil der Eurokrise am Gesamtumfang der Nachrichten bei 5,7 Prozent. Am größten war der Anteil bei „Tagesschau“ und „heute-journal“ mit jeweils 7,5 Prozent, gefolgt von „Tagesthemen“ mit 6,8 Prozent, „heute“ mit 5,1 Prozent, den „Sat.1 Nachrichten“ mit 3,7 Prozent und schließlich „RTL aktuell“ mit 2,7 Prozent.

Die durchschnittliche tägliche Sendedauer lag bei der „Tagesschau“ bei 15,6 Minuten, davon entfielen auf das Thema Eurokrise im Untersuchungszeitraum im Durchschnitt 1,2 Minuten. Bei „heute“ waren es bei einer durchschnittlichen Sendedauer von 20,2 Minuten 1,0 Minuten. Die tägliche Sendedauer von „RTL aktuell“ lag bei durchschnittlich 22,1 Minuten, auf das Euro-Thema wurden dabei 0,6 Minuten verwandt. Bei Sat.1 entfielen von 13,1 Nachrichtenminuten am Tag 0,5 Minuten auf das Thema Eurokrise. Bei den „Tagesthemen“ waren es 1,7 von 25,1 Minuten, beim „heute-journal“ 1,9 von 24,8 Minuten.“

Dies belegt, wie die Probleme tausendfach mit wiederkehrenden bestimmten Begriffen beschrieben wurden. Eine qualitative Untersuchung der Beiträge wurde nur ausschnittweise vorgenommen. Wenn Kontexte hergestellt wurden, so meist dahingehend, dass die Situation für die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Ländern dargestellt wurde. In den untersuchten Beiträgen wurde anscheinend nicht die Annahme, dass es sich um eine Schuldenkrise handelt, widerlegt.

 

Doch was ist, wenn es sich nicht – siehe ARTE – um eine Schuldenkrise handelt? Dann hätten die entsprechenden Zitate von Politikern eingeordnet werden müssen – auch in den Nachrichten.

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)