Sie haben uns mürbe geredet: Die immergleichen Corona-Appelle der Politik wecken zunehmend den Unmut des Publikums. Das liegt auch an der Variantenarmut des Krisenvokabulars. Eine sprachkritische Betrachtung von sieben Corona-Floskeln.
FLOSKEL 1: „Wegen der besonderen Situation …“
FLOSKEL 2: „Bleiben Sie gesund!“
FLOSKEL 3: „Gemeinsam“
FLOSKEL 4: „Das Robert-Koch-Institut verzeichnete neuntausendsiebenhundertundsechsunddreißig neue Infektionen, das sind dreitausendzweihundertunddrei weniger als vor einer Woche.“
FLOSKEL 5: „Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Ansteckungen pro hunderttausend Einwohner binnen einer Woche…“
FLOSKEL 6: „Corona hat vieles verändert, auch die Situation der [hier bitte Schlagwort einsetzen]“
FLOSKEL 7: „Wir müssen Geduld haben“
Nichts ist so wichtig in „besonderen Situationen“ wie Kommunikation. Die eingeschränkte politische Sprache der Corona-Krise aber, die Vokabelarmut seiner politischen Protagonisten, entwickelt eine geradezu immunisierende Wirkung gegen sich selbst. Das zeigte zuletzt Angela Merkel, deren Presseauftritt nach dem „Impfgipfel“ im Kern nichts anderes enthielt als die wortreiche Versicherung: Sie kennen mich, ich komme zurecht. Und man müsse dann halt mal sehen. Doch wer die deutsche Sprache wirklich beherrsche, schrieb Kurt Tucholsky einst, „wird einen Schimmel beschreiben und dabei doch das Wort ‚weiß’ vermeiden können“.
Imre Grimm, rnd.de, 05.02.2021 (online)