Es wäre richtig, die Beitragshöhe zum 1. Januar 2015 nicht zu verändern, sondern zunächst weiter bei 17,98 Euro pro Monat zu belassen. Dadurch würden sich die Länder für das Jahr 2015 alle Handlungsoptionen offenhalten, um nach einer gründlichen Evaluierung die Beitragshöhe ab Januar 2017 festzulegen. Dabei könnte dann zum Beispiel auch die von den Ländern ebenfalls auf die Agenda gesetzte Frage der weiteren Einschränkung von Sponsoring und Werbung bei ARD und ZDF behandelt werden. Hinzu kommt, dass Anfang 2015 die endgültigen Zahlen über die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag für den zurückliegenden Zweijahreszeitraum (2013/2014) vorliegen. Die bisherigen Berechnungen der KEF basieren auf Ist-Zahlen für 2013, aufgrund derer die Kommission ihre Prognose über die Beitragseinnahmen von ARD und ZDF bis 2016 erstellt hat. …
Am neuen Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt es ferner aus der Wirtschaft, aber auch von Kommunen und Kirchen zum Teil deutliche Kritik. Hier bemisst sich die Höhe des zu zahlenden Rundfunkbeitrags danach, wie viele Angestellte jeweils pro Betriebsstätte beschäftigt sind. Benachteiligt sehen sich dadurch insbesondere Unternehmen mit zahlreichen Standorten, wie etwa Einzelhandelsketten mit vielen Filialen. Sie fordern Entlastungen. Dass zusätzlich für Kraftfahrzeuge pro Betriebsstätte (mit Ausnahme des ersten Fahrzeugs) ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu zahlen ist, haben Wirtschaftsverbände bereits 2010 während der Beratungen der Länder über das neue Rundfunkfinanzierungsmodell kritisiert. Im Januar 2014 bekräftigte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ihr Unverständnis über diese Regelung: Branchen mit hohem Kraftfahrzeuganteil – wie etwa Autovermietungen oder beim Kunden vor Ort arbeitende Dienstleister – würden nun willkürlich mehr belastet als andere Wirtschaftsbereiche. …
Auch die neue Beitragspflicht für Kindergärten stößt bei deren Trägern, vor allem Kommunen und Kirchen, auf Kritik. Bis Ende 2012 waren diese Einrichtungen davon befreit, Rundfunkgebühren zu bezahlen.
Würden die Länder nun eine Beitragssenkung ab 2015 beschließen, wären später die Spielräume für mögliche Korrekturen in all diesen Bereichen deutlich eingeschränkt. Zugleich hätte ein Beschluss, den Rundfunkbeitrag zu reduzieren, ein aufwendiges Verfahren zur Folge, das dann schon knapp zwei Jahre später, wenn die Regierungschefs nach Abschluss der Evaluierung für Korrekturen am Beitragssystem plädieren sollten, erneut in Gang gesetzt werden müsste. …
Würden Baden-Württemberg und Hessen bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben, käme eine Beitragssenkung nicht zustande, weil nicht sämtliche Länder zugestimmt hätten, was aber zwingend notwendig wäre. Die Länder, die eine Absenkung wollen, müssen also jene, die dagegen sind, ins Boot holen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es zwischen den Ländern in puncto künftiger Beitragshöhe zu einem Paketdeal kommt, der Beschlüsse zu anderen Rundfunkthemen miteinschließt. Hier käme insbesondere das von ARD und ZDF geplante crossmediale Jugendangebot in Betracht, dem zuletzt die Ministerpräsidenten Seehofer und Tillich kritisch gegenüberstanden. Bremen und das Saarland wollen ferner darauf drängen, dass ihre Landessender, also Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk, künftig ausreichend finanziert werden. Sollte die Finanzausstattung der beiden kleinsten ARD-Anstalten nicht dauerhaft gesichert werden, dann dürften Bremen und das Saarland einer Beitragssenkung kaum zustimmen. …
Ein Teil der Politiker will die gerade günstige Gelegenheit nutzen, für die jeweilige Landesrundfunkanstalt eine finanzielle Absicherung durchzusetzen; ein anderer Teil will mit dem Thema Beitragssenkung im Wahlkampf beim Bürger punkten. Statt auf einen populistischen Schnellschuss zu setzen, wäre es der Sache jedoch angemessener, das neue Rundfunkbeitragssystem in Ruhe und mit Sorgfalt zu analysieren und dann wie auch immer geartete Korrekturen auf der Basis von substanziellen Ergebnissen vorzunehmen.“
Volker Nünning, Funkkorrespondenz 9/2014