Vor fast genau einem Jahr, am 30. November 2010, verkündete die ARD ihr neues Programmschema für das ERSTE. „Im neuen Programmschema des Ersten, das die Intendantinnen und Intendanten in Berlin verabschiedeten, werden die Gesprächssendungen neu sortiert und klar strukturiert“, hieß es. Doch nun geht es nicht mehr um die klare Struktur. Jetzt geht es um die Quoten.
Elf Wochen nach der Reform der Talkschiene im Ersten wünschen sich ARD-Fernsehdirektoren Reinhold Beckmann wieder zurück auf den Montags-Sendeplatz, meldet die Süddeutsche Zeitung. Beckmann habe am Donnerstag anhaltend schlechte Einschaltquoten mit seinem Talk. Dies liege aber nicht an der Konkurrenz oder am generellen „Talk-Überdruss“, so der Tagesspiegel. Das ERSTE verliert donnerstags das Publikum schon gegen 21 Uhr 45, wenn nach der Unterhaltungsschiene die Polit-Magazine folgen. Diese Zuschauer bleiben auch nach dem „heute-journal“ bei „Maybrit Illner“ (Beginn 22.45 Uhr). „Beckmann“ um 22 Uhr 45 gewinnt sie nicht zurück. „Hatten im ersten Halbjahr, vor der Programmreform, noch jede Woche 1,55 Millionen Zuschauer „Beckmann“ verfolgt, so kamen die 13 Sendungen am Donnerstagabend auf im Schnitt gerade mal rund eine Million Zuschauer – ein Einbruch um ein Drittel. Der Marktanteil lag in der vergangenen Woche bei 6,6 Prozent, sieben Tage zuvor waren es 5,7 Prozent.“ Schon vor einer Woche hatte Joachim Huber im Tagesspiegel die Quoten der einzelnen ARD-Talks aufgelistet. Frank Plasberg lag mit „Hart aber fair“ vor der Neuplatzierung (mittwochs, 21.45) bei 3,11 Millionen Zuschauern (12,7 Prozent) und hat jetzt im Schnitt 3,06 Millionen (9,7 Prozent). „Anne Will“, die mittwochs um 22 Uhr 45 läuft, liegt bei 1,5 Millionen Zuschauern (10,3 Prozent). Auch „Menschen bei Maischberger“ kommt derzeit Dienstag um 22 Uhr 45 im Schnitt auf 1,59 Millionen Zuschauer (10,8 Prozent), vor der Programmreform waren es 1,74 Millionen (11,8 Prozent). Joachim Huber fasste die Entwicklung wie folgt zusammen: „Alle Talks, die seit Ende August ihren Sendeplatz gewechselt haben, haben an Zuspruch verloren, alle Talks, die ihren Sendeplatz behalten haben, melden Verluste.“ Allein „Günther Jauch“ sei die Ausnahme, da er im Schnitt 4,63 Millionen Zuschauer (16,1 Prozent) und so mehr als „Anne Will“ auf diesem Platz erreicht.
Zwei Talks an einem Tag und hintereinander gab es so im ERSTEN noch nicht. Es ist fraglich, ob dies funktioniert. Schließlich haben sich ja auch die Prophezeiungen der Programmchefs mit der Talkleiste auch nicht erfüllt. Unabhängig davon werden die Dokumentationen wieder einmal zur Verschiebemasse. Die einzigen, späten ARD-Sendeplätze für Dokumentationen (22 Uhr 45 und 23 Uhr 30) sollen dann vom Montag auf den Donnerstag verschoben werden und dann direkt gegen Illner und Markus Lanz laufen.
Der Plan der Programmdirektoren offenbare, „dass die massive Talkshow-Programmierung in der ARD ein Fehler war. Dass dafür ausgerechnet die – ohnehin schon spät platzierten – Dokumentations-Sendeplätze weichen müssen, zeugt von einer Missachtung des dokumentarischen Journalismus in der ARD.“ So lässt sich laut Süddeutscher Zeitung die Produzentenallianz zitieren, die der ARD zudem eine „quotenorientierte, populistische Programmpolitik“ vorwirft, mit der sie ihre journalistische Kompetenz immer mehr aufs Spiel setzt.
Die Intendanten wollen heute und morgen in Bremen über diesen Vorschlag der ARD-Fernsehprogrammkonferenz beraten.