Fahrplan für die Zukunft – Film- und Medienpolitik für Deutschland

Berlin, 24.03.2010

Rund 400 geladene Gäste kamen zum 27. Mediengipfel vom Medienboard Berlin-Brandenburg und media.net berlinbrandenburg in die Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom, die durchaus noch Platz für mehr Besucher hatte. Nach einem kurzen Statement vom Vorstandsvorsitzenden des medianets, Bernd Schiphorst, der trotz der Abstiegsaussichten von Hertha BSC guter Dinge war („Mir geht es gut.“), konnte hoher Besuch begrüßt werden: Kulturstaatsminister Bernd Neumann traf auf die rbb-Intendantin Dagmar Reim, die ihn rund eine Stunde lang vernahm. „Film- und Medienpolitik für Deutschland – Fahrplan für die Zukunft“ war das Ganze überschrieben. An diese Überschrift hielt sich auch die Gesprächsdramaturgie von Dagmar Reim.

 

 

Zunächst gab es anerkennende Worte in Richtung Neumann, der es in seiner ersten Amtszeit geschafft hat, sich in der Filmbranche sehr beliebt zu machen („die Branche zu beglücken“), indem er – wo andere kürzen mussten – Millionen von Euros organisiert und den Filmförderfonds bis 2012 festgezurrt hat. Dem folgte die kritische Nachfrage, wo Neumann die Perspektive für den Film angesichts einer Rekordverschuldung des Bundeshaushalts und angesichts einer Schuldenbremse, die ab 2020 greifen soll, sehe. Viel Konkretes konnte der Kulturstaatsminister darauf nicht sagen, aber er signalisierte: er ist Optimist. Der deutsche Film sei auf einem Erfolgskurs und sicher werde da die Schuldenbremse reinhauen. Aber, kämpfen sei er gewöhnt und darum sei er optimistisch. Thema waren außerdem die Zukunft der kleinen Kinos und die Klage zweier großer Kinoketten gegen das Filmfördergesetz, das sie zu einer festgelegten Abgabe an die Filmförderungsanstalt des Bundes (FFA) verpflichtet. „Wir wollen, dass die Kinovielfalt erhalten bleibt“, fasste Neumann die Intention seiner Politik zusammen.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann stellte sich beim 27. Mediengipfel von Medienboard und Media.net den Fragen von Dagmar Reim, rbb-Intendantin

Diskutiert wurden natürlich auch die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der deutschen Filmlandschaft und die Medienpolitik jenseits des Filmbusiness, sprich: die Internetaktivitäten von ARD und ZDF. In dieser Phase des bis dahin gemächlich dahin plätschernden und nur in Maßen spannenden Gespräches kam es denn auch zu einer kleinen Hakelei zwischen Bernd Neumann und Dagmar Reim, die sich von ihrem Gesprächsgast dazu hinreißen ließ, kurz ihre Rolle als Interviewerin zu verlassen und gegenzuhalten. Auslöser war die Debatte um das kostenlose Tagesschau-App, das Neumann mit der Bemerkung kritisierte: „Muss das denn nun auch noch sein!“ Dagmar Reim kommentierte im Nachhinein ihren Einsatz mit den Worten: „Ich musste darauf bestehen, dass unsere Kernkompetenz Information auch im Netz stattfinden muss.“

 

 

Prinzipiell machte Neumann jedoch deutlich, dass auch ARD und ZDF neue Technologien nicht versperrt sein dürften, diese aber mit ihrer „Potenz und dem Volumen nicht alle Märkte besetzen“ sollten – mit Rücksicht auf die Verlage. „Ich möchte aber auch, dass die Vielfalt der großen und kleinen Zeitungen erhalten bleibt“, so Neumann. Er begrüßte, dass im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Grenze geschaffen wurde bezüglich der Internetaktivitäten von ARD und ZDF und kritisierte das Verfahren, wie diese Telemedienangebote freigegeben werden – nämlich im Dreistufentest durch die Rundfunkräte. Das sollten, so Neumann, besser unabhängige Instanzen übernehmen.

 

Trotz der hartnäckigen Vermutung Dagmar Reims, der Kulturstaatsminister müsse wegen eines Fußballspiels (Bayern gegen Schalke) schnellstens die Veranstaltung verlassen, blieb Neumann noch zum anschließenden Empfang („Mir reicht es, wenn ich Bayern in der zweiten Halbzeit verlieren sehe.“), der im historischen, ersten Telegraphensaal von Berlin stattfand und vielleicht ja wegen des hohen Besuchs einiges zu bieten hatte: Neben reichlich Häppchen und Wein, eine Cocktailbar und Schokolade! Netter, kommunikativer Ausklang eines Abends, der nur langsam in Schwung kam und wenig Neues geboten hatte. Vera Linß

 

Begrüßung des Auditoriums durch Bernd Schiphorst, Vorsitzender des Beirates des Deutschen Digital Instituts

{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}20100324_schiphorst_bernd{/mp3}< {/accesstext}

 

Gespräch Dagmar Reim mit Bernd Neumann

{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}20100324_mediengipfel{/mp3}< {/accesstext}

 

Dagmar Reim im Interview

{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}20100327_reim_dagmar{/mp3}< {/accesstext}

 

Bernd Neumann im Interview

{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}20100327_neumann_bernd{/mp3}< {/accesstext}

 

Wissenswert: *
Unterhaltungswert: **
Kontaktwert: ****
Ambiente: ****

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)