2019 verkündeten Coldplay, sie wollten in Zukunft auf Welttourneen verzichten, um ihren CO2-Ausstoß zu verringern. Seitdem ist eine breite Debatte über die Schäden entbrannt, die die Musikindustrie der Umwelt zufügt. […]
Studien zufolge hat die Plattenindustrie in den USA 1977, auf dem Höhepunkt des Vinylzeitalters, 58 000 Tonnen Plastik verschlungen, 2016 waren es nur 8000. Bei der CO2-Bilanz sieht es jedoch anders aus: Streamt man ein Album fünf Stunden oder länger, ist die Klimabilanz schlechter, als wenn man die Musik von CD abspielt (bei einer Vinylplatte sind es 17 Stunden). Zwischen Januar und November 2021 sollen die Streams des Hits „Drivers Licence“ von Olivia Rodrigo auf Spotify 4180 Tonnen CO2 emittiert haben. Zum Vergleich: In Frankreich werden pro Person um die 10 Tonnen pro Jahr ausgestoßen.
An der Beteuerung guter Absichten fehlt es nicht. In einer Branche, in der die Kreativität seit den 1960er Jahren immer mehr der Logik des Profits unterworfen ist, häufen sich allerdings auch die Widersprüche. Ein schönes Beispiel ist der größte internationale Konzertveranstalter Live Nation: Im April 2021 verkündete das börsennotierte Unternehmen ein Programm, die Umweltbelastungen bei Konzerten zu reduzieren. Gleichzeitig betonte man seinen hegemonialen Anspruch in der Branche – pro Saison wolle man 40 000 Konzerte und an die 100 Festivals veranstalten.
Éric Delhaye, Le Monde Diplomatique, 7.7.2022 (online)