Gutachter der Sächsischen Staatsregierung: MDR-Intendantenposten darf nicht ausgeschrieben werden

Die Süddeutsche Zeitung hatte es letzte Woche vermeldet: Die Sächsische Staatsregierung hatte beim Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart eine gutachterliche Stellungnahme („Rechtsgutachterliche Stellungnahme zu Rechtsfragen einer Ausschreibung des Amtes der Intendanten des Mitteldeutschen Rundfunks“) in Auftrag gegeben, ob der Posten des MDR-Intendanten ausgeschrieben werden muss bzw. darf.

„Danach sei eine Ausschreibung nicht nur unnötig, sondern beim MDR auch rechtlich problematisch: Hauptargument ist offenbar, dass Gremienrechte zu stark eingeschränkt werden könnten.“ So berichtete die Süddeutsche Zeitung.

Wenn man das Gutachten liest, dann kann man zu dem Schluss kommen, dass Christoph Degenhart eine solche Ausschreibung nicht nur für den MDR-Posten als Problem ansieht. Schließlich bezieht er sich in seiner Argumentation nicht nur auf den MDR-Staatsvertrag und die MDR-Satzung, sondern auch auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts sowie die anderen Rundfunkstaatsverträge der Länder. Er kommt zu dem Schluss, dass ein Ausschreibungsverfahren „im Rahmen der bestehenden Anstaltsorganisation auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen sei, da eine Ausschreibung mit bindenden Kriterien sowie eingeforderten Fähigkeiten die Gremien in ihrer Entscheidungsfreiheit einengen würde.“ Aus dem Verweis auf verfassungsrechtliche Gründe folgt, dass das Gutachten für alle Sender gelten müsste – denn die Verfassung gilt für alle.

Das bedeutet, dass bei keinem Sender der Intendantenposten ausgeschrieben werden dürfte. Doch die Praxis war bisher – zumindest manchmal – eine andere. So hatten SWR-Rundfunkrat und Verwaltungsrat am 20. Januar sogar in der Wochenzeitung ZEIT eine Anzeige geschaltet, um Bewerber für das Intendantenamt zu suchen – und dies, obwohl Peter Boudgoust signalisiert hatte, für eine zweite Amtszeit bereit zu sein.Wenig später folgte der Saarländische Rundfunk, der dessen Stellenanzeige am 5. März in der Frankfurter Allgemeinen und in der Süddeutschen Zeitung zu lesen war. 

Dies ist wohl der Grund, warum die Sächsische Staatskanzlei in ihrer Informationspolitik behaupten musste, dass der Gutachter Probleme bei einer Ausschreibung durch den MDR sieht. Wäre man bei der allgemeingültigen Aussage des Gutachtens geblieben, dass jede Ausschreibung bei jedem Sender aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, so hätte ein Verweis auf den SWR das Gutachten ad absurdum geführt.

Die CDU-geführte Staatskanzlei Sachsens hatte bis zum 30. Juni die Rechtsaufsicht über den MDR und musste diese zum 1. Juli an Sachsen-Anhalt abtreten. Am 20. Juni tagte der MDR-Verwaltungsrat, um über das Verfahren zur Intendantenwahl zu sprechen.

„Zu den Gründen für das Gutachten hieß es aus der Staatskanzlei, der Respekt vor dem MDR-Verfahren verbiete ‚eine Äußerung zu Fragen, die sich im Verfahren nicht stellen‘.“ So die Süddeutsche Zeitung.

Wüsste man die Kosten des Gutachtens, dann wüsste man, wieviel der Staatsregierung ihr Einfluss auf das Verfahren wert war. Denn um Einfluss auf das Verfahren muss es ihr ja gegangen sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass dem Gutachter nicht auch die zwangsläufige Frage gestellt wurde, warum beim SWR möglich ist, was beim MDR verfassungsrechtlich nicht erlaubt ist?

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