Acht Jahre, nachdem sich die Ministerpräsidenten darauf geeinigt, sieben Jahre, nachdem es die Landtage beschlossen hatten und sieben Jahre, in denen die Landesrundfunkanstalten es trotz aller Kritik anders praktizierte, stellt das Bundesverfassungsgericht fest: Wer nur knapp über dem Existenzminimum lebt, den darf die Rundfunkgebühr nicht unter das Existenzminimum drücken. Die Öffentlich-Rechtlichen hatten ursprünglich immer die volle Gebühr erhoben, sobald ein Teilnehmer die Einkommensgrenze auch nur gering überschritten hatte.
Mit zwei aktuellen Urteilen vom November 2012, die am 22. Dezember veröffentlicht wurden, machte es das Bundesverfassungsgericht Menschen mit geringem Einkommen leichter, von den Rundfunkgebühren befreit zu werden.
Wenn ein geringes Zusatzeinkommen oder ein Zuschlag auf Sozialleistungen oder Arbeitslosengeld insgesamt kleiner ausfällt als die Rundfunkgebühr, müssen die öffentlich-rechtlichen Sender auf den fehlenden Rest verzichten. Anders ausgedrückt: Die Gebühr darf künftig höchstens noch so hoch bemessen werden, dass das Existenzminimum verschont bleibt. Es dürfe nicht sein, dass Geringverdiener, um die Rundfunkgebühren zu bezahlen, auf Geld zurückgreifen müssen, das sie eigentlich zum Leben bräuchten.
Die Landesrundfunkanstalten hatten trotz aller Kritik immer wieder darauf hingewiesen, dass ihnen der Gesetzgeber keinen anderen Spielraum lassen würde. Sie müssten die volle Gebühr erheben, sobald die Befreiungsgrenze überschritten sei – und sei es um einen Cent. Dabei hatte schon bisher der § 6 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages eine Härtefallklausel (§6 Abs. 3) enthalten, die es den Sendern erlaubt hatte, „in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht“ zu befreien.
Für die Sender, so das Bundesverfassungsgericht, sei es ein Leichtes, diese Härten zu beseitigen: Sie könnten über die Bescheide für Sozialleistungen, Rente oder Wohngeld die fehlende Differenz zur vollen Höhe der Rundfunkgebühren ermitteln und den Betroffenen erlassen.
Dieses Urteil macht zweierlei deutlich: die Sender agieren nicht im Interesse der Gebührenzahlerinnen und –zahler und nehmen dabei sogar verfassungswidriges Handeln in Kauf. Dass ihre Praxis ungerecht war, war offensichtlich und ihnen wohl auch klar. Ansonsten hätten sie doch in beiden Fällen nicht nach Klageerhebung von der Gebührenerhöhung abgesehen und beide faktisch befreit. Denn nachdem eine Alleinerziehende und ein Rentner Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten, zogen die Öffentlich-Rechtlichen die Gebührenerhebung zurück. Sie wollten ein Urteil – also den Präzedenzfall – verhindern. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Rahmen des Kostenersatzes nun dennoch über die beiden Fälle. (Urteile hier und hier)