Die ARD-Intendantinnen und Intendanten wollen den Zeitungsverlagen im Streit um redaktionelle Gratisangebote im Internet entgegenkommen. Künftig könnten sich die Sender vor allem auf Videobeiträge in ihrem Onlineangebot konzentrieren, fasst die Thüringer Allgemeine eine Diskussion der zweitägigen Intendantentagung zusammen.
„Wir ziehen an einem Strang und sind uns in der Zielsetzung völlig einig“, so WDR-Intendantin Monika Piel laut taz zur Stimmung unter den Intendanten in Erfurt. Dass man den Verlegern zu weit entgegenkomme, sei nicht der Fall. „Wir sehen uns in einer Verantwortungsgemeinschaft“, zitiert die Thüringer Allgemeine die ARD-Vorsitzende Monika Piel (WDR). „Eine vielfältige Presselandschaft in Deutschland ist für das Funktionieren unserer Demokratie wichtig.“
Doch gibt es eine vielfältige Presselandschaft? Für die überregionalen Zeitungen kann man zumindest eine Vielzahl von Angeboten feststellen. Im lokalen Bereich dominieren Ein-Zeitungs-Kreise. Müsste man demzufolge also nicht mit den Verlegern darüber verhandeln, was ARD, ZDF und Deutschlandfunk im lokalen und regionalen Bereich zusätzlich anbieten können? Doch gerade die lokale Berichterstattung soll weiter Primat der Zeitungsverlage sein. Und dies obwohl viele Blätter aus Kostengründen die lokale Berichterstattung bewusst vernachlässigen. In einem Entwurf der Vereinbarung heißt es laut taz: in den Onlineangeboten von ARD und ZDF „erfolgt weder örtlich noch inhaltlich flächendeckend lokale Berichterstattung“.
Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA) kritisierte gegenüber den Intendantinnen und Intendanten die bekannt gewordenen Kompromisslinien, aus denen die taz am 29. Januar zitierte. In einem Entwurf heißt es, dass „zukünftig Konflikte vermieden und Möglichkeiten gesucht werden, gemeinsam das publizistische Angebot für die Gesellschaft möglichst vielfältig zu erhalten“. Die neuen Spielregeln zwischen ARD, ZDF und BDZV sollen laut Entwurf zunächst auf ein Jahr befristet sein, zur Kontrolle ihrer „Durchführung“ soll es regelmäßig Gespräche geben. Doch was haben dann noch die Rundfunkräte zu sagen? Ist es nicht gerade deren Aufgabe, den Bestand wie auch die Entwicklung der Telemedienangebote entsprechend zu begleiten? Was ist der Drei-Stufen-Test noch wert, wenn die Intendantinnen und Intendanten sich über dessen Ergebnisse hinwegsetzen können?
Die AGRA fordert deshalb die Intendantinnen und Intendanten auf, sich eindeutig hinter „tagesschau.de“ zu stellen und keinem Kompromiss zuzustimmen, der die Zukunft von ARD und ZDF im Internet gefährdet. Doch „solche Papiere sind immer Kompromisse von beiden Seiten“, sagte Monika Piel laut taz. Es gehe in erster Linie darum, eine „medienpolitische Entscheidung zu treffen.“ Dies sei „klar die Kompetenz der Intendanten“.
Allerdings hat der Gesetzgeber diese medienpolitische Entscheidung schon getroffen und im Rundfunkstaatsvertrag festgehalten. Da findet man in den Paragraphen 11d (Telemedien) und 11f (Telemedienkonzepte) geregelt, was die Sender im Bereich der Telemedien machen dürfen und wer dabei welche Mitsprache hat. Als Ansprech- und Verhandlungspartner sind da die Gremien und nicht die Verleger genannt. Sicher dürfen die Intendanten ohne Gremienauftrag verhandeln, wenn sie die Telemedienangebote der Sender einschränken wollen. Doch wieso wollen sie Abstriche vornehmen? Hatten sie nicht zuvor begründet, „inwieweit das Angebot den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht sowie in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird“.
Der Streit um die „tagesschau“-App der ARD stehe nicht im Vordergrund, so Monika Piel. Es gehe auch nicht darum, die kostenlose App abzuschaffen. Das sehen die Verleger allerdings anders. Denen geht es weniger um das klassische Internet. Hier sind viele mediale Angebote weitestgehend kostenlos sind. Den Verlegern geht es gerade um „die Apps, weil es hier ein brauchbares Bezahlmodell gibt“, so Steffen Grimberg in der taz.
Die AGRA hält es deshalb „für dringend geboten, den Begriff der „Presseähnlichkeit“ notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht zu klären“, anstatt zu verhandeln.