Die Privatsender der Gruppen ProSieben.Sat 1 und RTL wollten, dass es nicht wieder zu Streitigkeiten bei der Videotechnik-Norm oder bei Blu-ray-Disc/HD-DVD/VMD kommt. Sie kreierten das Projekt einer gemeinsamen VoD-Plattform mit dem Arbeitstitel „Amazonas“. Darauf sollten die Zuschauer verpasste Sendungen nachträglich ansehen können. „Amazonas“ sollte kostenlos, aber werbefinanziert und offen für andere, also auch für die öffentlich-rechtliche Konkurrenz sein.
Die Fernsehzuschauer sollten Serien, Filme, Shows und Nachrichtensendungen nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage lang abrufen können. Durch die Konzentration der Angebote unter einer Netzadresse erhofften sich die Sender unter anderem eine leichtere Auffindbarkeit der Medieninhalte für die Verbraucher und damit höhere Einnahmen aus der Internet-Video-Werbung.
„Die Pläne hatten schnell die Aufmerksamkeit der europäischen EU-Wettbewerbshüter, die eine Klärung durch die Kartellbehörden in Deutschland und Österreich verlangte. Auch das Bundeskartellamt hatte Zweifel und die Pläne im März 2011 mit der Begründung untersagt, eine solche Plattform verstärke ‚das marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung‘“, so heise.de.
Es wurde eine Ausweitung dieser Machtposition auf die Video-Werbung im Internet befürchtet. Zudem kritisierten sie, dass die Privatsender ihre gemeinsame Plattform nur für Fernsehsender öffnen wollten und strikte Vorgaben zur Verfügbarkeitsdauer, zum Zeitpunkt und zur Qualität der Inhalte planten.
Im Frühjahr 2011 hatte das Bundeskartellamt ein Verbot ausgesprochen, dagegen hatten Pro Sieben Sat 1 und RTL beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Doch das Gericht gab dem Bundeskartellamt mit Urteil vom Mittwoch recht. Die Richter schlossen sich der Auffassung der Behörde an, dass die Plattform die beherrschende Stellung von RTL und Pro Sieben Sat 1 auf dem Markt für TV-Werbung verstärken würde.
„Durch das geplante Gemeinschaftsunternehmen würde nach Auffassung des Gerichts das marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen im Fernseh-Werbemarkt weiter verstärkt. Außerdem verstoße die Online-Video-Plattform gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen“, hält die Frankfurter Rundschau fest.
Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, begrüßte laut FAZ das Urteil als „wichtiges Signal für den Wettbewerbsschutz im Bereich der neuen Medien“.
Die Sender sehen es anders. Das Veto des Gerichts sei „auch eine Entscheidung gegen die deutsche Medienwirtschaft, denn ausländische Konzerne werden nicht mehr lange zögern, diesen Markt aufzurollen“. Ein RTL-Sprecher erklärte laut spiegel.de: „Die Behörde und das OLG nehmen in Kauf, dass trotz starker internationaler Wettbewerber eine zentrale Plattform im Netz zum Abruf verpasster TV Sendungen aus dem hiesigen Markt heraus nicht realisierbar ist.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zwar ließ das Gericht eine Rechtsbeschwerde nicht zu. Dagegen können die Sender noch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
Mal sehen, was nun aus dem öffentlich-rechtlichen Pendant, Germany’s Gold, wird, dessen Start vor Jahren für Frühjahr 2012 avisiert wurde und das immer noch vom Bundeskartellamt geprüft wird.