Muss der SWR so sparen?

Gestern tagte der SWR-Rundfunkrat. „Der SWR muss jetzt zweierlei auf einmal meistern. Erstens: Wir müssen mit weniger Geld auskommen. Bis 2020 müssen wir 166 Millionen Euro einsparen. Zweitens: Wir müssen uns neuen Rückhalt in der Gesellschaft erarbeiten. Nur wenn unsere Programmangebote in Hörfunk, Fernsehen und Internet unverzichtbar bleiben für die Menschen, werden sie auch weiterhin ihren Solidarbeitrag für ihren SWR leisten.“ Dies sagte SWR-Intendant Peter Boudgoust bei der Sitzung des Rundfunkrats am Freitag, 16. März 2012, in Stuttgart.

Damit hat sich Peter Boudgoust auch den Unmut des Bundestagspräsidenten zugezogen: „Verheerend“ nannte Norbert Lammert laut Südwest Presse die ziemlich konkreten Pläne, das Radiosinfonieorchester Stuttgart (RSO) und das Rundfunksinfonieorchester Baden-Baden/Freiburg mittelfristig zusammenzulegen. Auf diese Art sollen fünf Millionen Euro jährlich als Sparbeitrag von den Orchestern erbracht werden. Er kenne kein Beispiel aus der jüngeren Musikgeschichte, in dem eine Fusion eine Verbesserung der Qualität oder eine Erhaltung des Profils zur Folge gehabt hätte, so Lammert gegenüber der Badischen Zeitung. Er sieht die Fusion auch deshalb kritisch, weil die öffentlich-rechtlichen Sender erstaunliche Beträge in anderen Bereichen ohne Diskussion ausgegeben würden.

Und das Klassik-Magazin beschreibt die Kritik von Norbert Lammert so: „Die Bemühungen der Rundfunkanstalt einen strikten Sparkurs zu fahren, überzeuge Lammert überhaupt nicht, weil die vermeintliche Suche nach Einsparungsmöglichkeiten einmal mehr genau in dem Bereich ansetzt, der die Rundfunkgebühren rechtfertigen könnte. Es sei zu fürchten, dass die Anstalten sich zunehmend den Ast absägen, auf dem sie selbst sitzen. Lammert hält es für absehbar, dass genau dies künftig zum Gegenstand einer Verfassungsklage werden könnte.“

Peter Boudgoust sieht laut Stuttgarter Zeitung nichts Krisenhaftes in der Debatte: „Ich sehe das Krisenhafte der Debatte nicht. Wir machen uns rechtzeitig Gedanken darüber, wie wir eine Finanzierungslücke von 166 Millionen Euro vermeiden können, die kommen wird, wenn wir jetzt die Weichen nicht richtig stellen. Oder sollten wir warten, bis die Probleme unlösbar geworden sind?“

Doch existieren die Probleme denn so, wie Peter Boudgoust sie beschreibt? Wie kommt er denn auf den Sparbetrag von 166 Mio. Euro bis zum Jahre 2020? Heißt es nicht immer wieder, dass keine so genau die Gebühreneinnahmen berechnen kann? Ist es nicht so, dass sogar bei Modellrechnungen zum neuen Rundfunkbeitragsmodell angenommen wurde, dass bei gleichbleibender Beitragshöhe von 17,98 Euro im Monat die Gesamteinnahmen steigen werden? Und steht dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht laut den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts eine Bestands- und Entwicklungsgarantie zu, die entsprechend zu finanzieren ist?

Seit Jahren rechnet sich – nicht nur – der SWR schlecht. Die Einnahmen werden zumeist zu niedrig geplant. Das IST lag die letzten 2009 und 2010 immer höher. Für 2010 hatte man mit Einnahmen von 1,14 Mrd. Euro geplant, es wurden dann 1,211 Mrd. Euro. 2009 standen 1,15 Mrd. Euro im Plan, es wurden dann 1,71 Mrd. Euro. Laut dem genehmigten Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2012 plane der SWR für das Jahr 2012 mit Erträgen von 1,14 Milliarden Euro, was einer Erhöhung von 1 Million Euro gegenüber 2011 entspricht.

Zudem: Wenn man 166 Mio. Euro in 8 Jahren einsparen muss, dann sind dies ca. 20,8 Mio. Euro in einem Jahr. Das sind bei einem Etat von über 1,1 Mrd. Euro ca. 2 Prozent des Etats. Kann man einen Haushalt dieser Größenordnung so genau planen? Allein, wenn die Ausgaben für die Sportrechte um 50 Mio. Euro steigen, so muss der SWR davon laut ARD-Fernsehvertragsschlüssel über 8 Mio. Euro zahlen. Im Jahre 2010 lagen die Sportausgaben der ARD laut 18. KEF-Bericht übrigens bei über 450 Mio. Euro.

 

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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