Die Europäische Kommission empfiehlt in ihrer Fernsehrichtlinie (AVMD-Richtlinie) den Fernsehsendern, sich bei der Programmbeschaffung möglichst an einer Mindestquote („Hauptteil der Sendezeit“) des ausgestrahlten Programms aus europäischer Produktion zu orientieren, um die wirtschaftlichen Wettbewerbschancen europäischer Produzenten und die europäische Kultur gegen internationale Konkurrenz, vor allem aus den USA, zu stärken. Wie weit sich die deutschen Sender an dieser Empfehlung der EU orientieren, wurde in der ARD/ZDF-Programmanalyse erstmals im Jahr
2004 aufgegriffen und seitdem auf den Vergleich klassischer Fictionangebote angewandt.
Die öffentlich-rechtlichen Fictionangebote bestanden auch 2018 größtenteils aus deutschen Produktionen und Koproduktionen mit deutscher Beteiligung. Das Erste erhöhte diesen Anteil von 78 auf 81 Prozent, im ZDF betrug er 75 Prozent des Fictionangebots. Aus europäischen Ländern stammten in beiden öffentlichrechtlichen Programmen unverändert weitere 10 Prozent der Fictionsendungen. Der Anteil der US-Produktionen sank im Ersten von 9 auf 6 Prozent, im ZDF (13%) blieb er unverändert. Insgesamt behaupteten sich damit in den öffentlich-rechtlichen Hauptprogrammen die deutschen Produktionen und Koproduktionen mit deutscher Beteiligung als stabile Angebote.
Die privaten Hauptprogramme unterschieden sich von den öffentlich-rechtlichen durch mehr US-Importe im klassischen Fictionangebot zulasten deutscher Produktionen. (10) RTL erhöhte 2018 den Anteil aus deutschen Produktionen und Ko-Produktionen von 47 auf 56 Prozent und stand damit den öffentlich-rechtlichen Angeboten wesentlich näher als Sat.1 und ProSieben. Bei RTL entfielen auf US-Produktionen 41 Prozent. Relativ bedeutungslos blieben weiterhin Fictionsendungen aus anderen Ländern. Bei Sat.1 und noch ausgeprägter bei ProSieben dominierten US-Produktionen, deren Herkunft meistenteils schon den Originaltiteln zu entnehmen war. Sat.1 hatte 2018 einen US-Anteil von 78 Prozent der Sendezeit seines Fictionangebots, während nur 15 Prozent aus deutscher Produktion sowie deutschen Beteiligungen stammten.
ProSieben als größter Fictionanbieter hatte von allen Sendern weiterhin den höchsten Anteil an US-Fictionsendungen (94%) und zugleich den niedrigsten Anteil an Fiction aus deutscher Produktion oder Koproduktion (1%). Damit übertrafen die beiden öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme im klassischen Fictionangebot auch 2018 deutlich die Richtwerte der EU-Empfehlung, RTL entsprach klar der Mindestanforderung, während Sat.1 und ProSieben erheblich davon abwichen. (Udo Michael Krüger: Profile deutscher Fernsehprogramme 2018 – Tendenzen der Angebotsentwicklung zur Gesamt und Hauptsendezeit. Media Perspektiven 05/2019 (pdf, S. 198 ff.)
Im RFSTV heißt es in Artikel 6: „(1) Die Fernsehveranstalter tragen zur Sicherung von deutschen und europäischen Film- und Fernsehproduktionen als Kulturgut sowie als Teil des audiovisuellen Erbes bei.
(2) Zur Darstellung der Vielfalt im deutschsprachigen und europäischen Raum und zur Förderung von europäischen Film- und Fernsehproduktionen sollen die Fernsehveranstalter den Hauptteil ihrer insgesamt für Spielfilme, Fernsehspiele, Serien, Dokumentarsendungen und vergleichbare Produktionen vorgesehenen Sendezeit europäischen Werken entsprechend dem europäischen Recht vorbehalten.
(3) Fernsehvollprogramme sollen einen wesentlichen Anteil an Eigenproduktionen sowie Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen aus dem deutschsprachigen und europäischen Raum enthalten. Das gleiche gilt für Fernsehspartenprogramme, soweit dies nach ihren inhaltlichen Schwerpunkten möglich ist.“
Dies zu kontrollieren ist Aufgabe der Landesmedienanstalten.
In § 9 (Informationspflicht, zuständige Behörden) heißt es in Absatz 1: „Die Rundfunkanstalten des Landesrechts sind verpflichtet, der nach Landesrecht zu-ständigen Behörde gemäß Artikel 6 Abs. 2 des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen die dort aufgeführten Informationen auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Gleiches gilt für private Fernsehveranstalter, die auf Verlangen die Informationen der Landesmedienanstalt des Landes zur Verfügung zu stellen haben, in dem die Zulassung erteilt wurde. Diese leitet die Informationen an ihre rechtsaufsichtsführende Behörde weiter.“
Allerdings hat der Gesetzgeber nicht festgelegt, dass ein Verstoß gegen diesen Paragrafen eine Ordnungswidrigkeit ist. (Siehe § 49) Demzufolge kann dieser Verstoß weder zu einer Geldbuße noch zum Lizenzentzug führen.
Verantwortlich für diesen Zustand ist also seit Jahren die Medienpolitik.