Spitzenstreit bei der ARD: Generalsekretärin verklagt Intendanten wegen Mobbings

Zum 1. Juli 2006 wurde Verena Wiedemann die Generalsekretärin der ARD. Sie kam aus Brüssel. Dort war sie 13 lange Jahre Leiterin des ARD-Verbindungsbüros, das sie selbst aufgebaut hatte – also die Lobbyistin der ARD. Ein Jahr zuvor hatten die Ministerpräsidenten die Rundfunkgebühr nicht so erhöht, wie es die Kommission zur Ermittlung der Finanzen vorgeschlagen hatte. Damals glaubten die Intendanten offensichtlich, dass sie auch in Deutschland eine Lobbyistin brauchten. Sie sei verantwortlich für die strategische Positionierung der ARD, die Interessenvertretung nach außen und die Öffentlichkeitsarbeit, heißt es auf ard.de/intern „Die Generalsekretärin ist zugleich stellvertretende Vorsitzende der ARD-Strategiegruppe. Sie hat ein Zutritts- und Mitwirkungsrecht in allen Kommissionen und Arbeitsgruppen, auch bei den Tochterunternehmen, in der Fernsehprogrammkonferenz und den ARD-politisch relevanten Gremien, soweit sie dies für erforderlich hält.“

 

Wie hieß es am 5. April 2006 bei der ARD? „Der Vorsitzende der ARD, Dr. Thomas Gruber, zeigte sich hoch zufrieden über diesen „wichtigen Schritt in die Zukunft der ARD“. Bei einem unabhängigen Verbund öffentlich-rechtlicher Anstalten, „von dessen Föderalismus das Fernseh- und Radiopublikum profitiert, dessen Organisation aber schwierig ist“, sei die Einrichtung einer zentralen, längerfristigen Stimme gegenüber der Öffentlichkeit und der zunehmenden Konkurrenz zwingend geworden. In Verena Wiedemann, so Gruber, habe man eine „hochintelligente und brillante“ Verfechterin des gesellschaftlich verantwortungsvollen, frei empfangbaren Rundfunks gefunden.“

Sie war eine „Generalin ohne Soldaten“, wie das Handelsblatt titelte. Ihre Amtszeit begann am 1. Juli 2006 und war erst einmal auf fünf Jahre befristet. In dieser Zeit wechselten bei einigen Sendern die Intendanten: Monika Piel folgte Fritz Pleitgen (1.4.2007; WDR), Peter Boudgoust beerbte Peter Voß (1.5.2007; SWR), Lutz Marmor führt nun statt Jobst Plog (13.1.2008; NDR), Jan Metzger folgte Heinz Glässgen (1.9.2009) und Ulrich Wilhelm übernahm von Thomas Gruber (1.2.2011; Bayrischer Rundfunk).

Es ist eine neue Generation von Intendanten. Vielleicht haben sie eine neue Vorstellung von Politik und Lobbyismus.

Verena Wiedemann sei psychisch erkrankt sei, sie befinde sich in medizinischer Behandlung, meldet heute die Berliner Zeitung. Ihr Anwalt, Hans Georg Meier, begründete dies gestern in der mündlichen Verhandlung vor einem Berliner Arbeitsgericht mit „Ausgrenzung, Diskriminierung und Missachtung“. Da man das ARD-Generalsekretariat abschaffen und deshalb Verena Wiedemann freistellen müsse, habe man beschlossen, sie so zu mobben, dass sie von sich aus kündige, um die Versorgungsbezüge zu sparen, so Wiedemanns Anwalt laut Berliner Zeitung.

Der Anwalt der ARD, Günter Schmitt-Rolfes (München) wies die Vorwürfe zurück und verwies darauf, dass die Intendanten bereit seien, das Arbeitsverhältnis mit Wiedemann fortzusetzen. Der Vorsitzende Richter wies darauf hin, dass eine weitere Zusammenarbeit offensichtlich äußerst schwierig sei, wenn Verena Wiedemann infolge der bisherigen Zusammenarbeit psychisch erkrankt sei.

Robin Meyer-Lucht bringt es so auf den Punkt: „Die ARD hat ihre Generalsekretärin Verena Wiedemann in eine psychische Krise gestürzt – ein Beleg für die mangelnde Diskussions- und Innovationsfähigkeit der Anstalten“

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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