Geradezu absurd ist folgende Argumentationslinie in den Eckpunkten, auf die sich CDU und SPD in Hessen als Grundlage ihrer Koalitionsverhandlungen geeinigt haben: „Wir bekennen uns zum Leitbild des mündigen Bürgers. Das bedeutet für uns: Anreize statt Verbote, Beteiligung statt Bevormundung“, und weiter: „Gleichzeitig werden wir festschreiben, dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat der deutschen Sprache erfolgt.“
Ob die Parteispitzen selbst die Widersprüchlichkeit erkennen? Ob ihnen klar ist, dass die rechtliche Umsetzung dieses Eckpunkts mehr wäre als Bevormundung, nämlich eine Einschränkung mindestens von Wissenschafts- und Pressefreiheit? Doch es scheint so, als hätten manche Gender-Gegner mit Verboten gar kein Problem, solange sie der Durchsetzung ihrer eigenen Position dienen.
Jan-Martin Wiarda, tagesspiegel.de, 27.11.2023 (online)