Zitiert: Agenda Setting auf Kosten der Ärmsten

Etwa 828 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Das wird zu wenig wahrgenommen. Dabei wäre es vergleichsweise leicht, dieses globale Problem zu lösen.

Das Thema ist aktueller denn je: Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen hat darauf hingewiesen, dass die Zahl der Hungernden weltweit erneut gestiegen ist und mittlerweile 828 Millionen Menschen erreicht hat.

Vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Getreidelieferungen erklärte der Generalsekretär von Malteser International bereits im April 2022: „Noch nie war der Bedarf an humanitärer Hilfe weltweit so groß.“ […]

Dass es auch anders geht, zeigen die Erfolge der Bekämpfung des globalen Hungers in den vergangenen Jahrzehnten. Seit 2003 sank die Zahl der Hungernden von fast 950 Millionen Menschen kontinuierlich auf circa 780 Millionen Menschen im Jahr 2015. […]

Die Pläne für die Bekämpfung des globalen Hungers liegen in den Schubladen der Hilfsorganisationen und humanitären Einrichtungen wie des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, das 2020 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Zahlreiche Erfolgsprojekte haben gezeigt, dass das Problem lösbar ist. Was sichergestellt werden muss, ist aber ein stabiler Geldfluss.

Schätzungen gehen davon aus, dass die vergangenen Rekordernten ausreichen würden, um bis zu 14 Milliarden Menschen zu ernähren. Die Nahrungsmittel jedoch sind ungleich verteilt. Während in vielen Staaten des Globalen Südens gehungert wird, werden viele Lebensmittel in der sogenannten westlichen Welt verschwendet und landen im Müll. […]

In der reichweitenstärksten deutschsprachigen Nachrichtensendung, der Tagesschau, griffen im gesamten Jahr 2020 lediglich neun der insgesamt über 3.000 ausgestrahlten Beiträge das Thema Hunger auf. Zum Vergleich: Mit der Corona-Pandemie beschäftigten sich im selben Zeitraum fast 1.300 Beiträge. […]

Eine Verantwortung für die Lösung der Problematik tragen daher auch die Medien. Ihnen obliegt die Aufgabe, mit nicht durch Wiederholung erlahmender Konsequenz und mit „Alltagsresistenz“, auf dieses gewaltige globale Thema aufmerksam zu machen und dadurch auch soziopolitische Entscheidungsprozesse in Gang zu setzen.

Wie lange könnte sich die Politik der Lösung „des größten lösbaren Problems“ verweigern, wenn die führenden Medien den globalen Hunger zu ihrem Topthema machen würden?

Die entscheidende Frage lautet daher nicht nur, wie viel Geld uns eine Welt ohne Hunger wert ist, sondern auch wie viel mediale Zeit und Aufmerksamkeit.

Ladislaus Ludescher, telepolis, 02.07.2023 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)