Die Sorge vor einer Übermacht der Algorithmen beschäftigt Politik und Öffentlichkeit. Da kann etwas Grundwissen über ihre Funktion nicht schaden. … Dazu kommt, dass oftmals nicht alle Daten zur Verfügung stehen, die für eine exakte Berechnung notwendig wären. Ein autonomes Auto beispielsweise muss seine nächsten Aktionen anhand äußerst lückenhafter Sensordaten planen – und noch dazu damit rechnen, dass sich die Situation während der Planung weiter verändert.
Die Antwort der Informatik darauf sind Vereinfachungen, die oft, aber nicht zwingend immer zum Ziel führen: Sie vergleichen – ähnlich, wie es der Mensch tun würde – die Situation mit früheren Erfahrungen, versuchen die Konsequenz einer falschen Entscheidung abzuschätzen, treffen Annahmen über die zukünftige Entwicklung – und im Zweifelsfall lassen sie den Zufall per Münzwurf entscheiden.
Diese Erkenntnis ist alles andere als beruhigend. Denn sie bedeutet, dass die Bewertung und Regulierung von Algorithmen von ihrem Kontext abhängt. Die Annahmen, unter denen Algorithmen zum Einsatz kommen, sind genauso zu hinterfragen wie die Datenbasis und die heuristischen Methoden.
Wolfgang Stieler, c’t, 27.03.2020 (online)