Zitiert: ARD-Politmagazine 24 unbequeme Sendungen weniger?

Ende Februar erschien ein Altpapier unter der Überschrift „Schafft die ARD sich selbst ab?“ Der erste Satz des Vorspanns lautete damals: „Wenn Sendermanager verkünden, man müsse jetzt digitaler, crossmedialer, moderner, jünger werden – dann geht es fast immer darum, im weiteren Sinne unbequeme Inhalte zu marginalisieren oder aus dem Programm zu kippen.“ ….

Die Magazine sollen nicht mehr 15-mal pro Jahr laufen, sondern noch seltener. Jedes Magazin, so die Überlegungen, soll um vier Ausgaben pro Jahr reduziert werden, die frei werdenden Sendeplätze sollen zumindest zum Teil mit Dokus gefüllt werden. …

Heute berichtet Lena Reuters für die SZ. Sie hat Stimmen eingeholt von einem Sprecher der ARD, der mitteilt, dass man sich gerade in „intensiven Beratungen zum digitalen Umbau“ befinde – eine Formulierung, bei der es sich dann anbietet, noch mal das Zitat vom Beginn dieser Kolumne aufzugreifen. Der „digitale Umbau“ – dessen Notwendigkeit kein Mensch bestreitet – scheint hier wieder ein Vorwand zu sein für einen inhaltlichen Umbau. ….

Könnte das mit einem Mentalitätswandel unter den Intendant:innen zu tun haben? Die Zahl jener Intendant*innen, die sich gesellschaftlich-habituell jenen näher fühlen, über die die Politikmagazine kritisch berichten, als jenen, die diese Berichte machen, scheint mir größer geworden zu sein in der jüngeren Vergangenheit. …

Sollten die von Übermedien skizzierten Pläne umgesetzt werden, wären die Politmagazine linear schlechter auffindbar, weil die Sendungen noch seltener laufen als ohnehin schon. Dann sinkt möglicherweise die Reichweite. Und wenn die ARD es, bösartig formuliert, hinbekommen hat, die Zuschauerzahlen und Quoten zu senken, weil der Gewohnheitseffekt fürs Publikum nicht mehr so groß ist, wird sich leicht ein Angriffspunkt finden lassen, die Sendungen in Frage zu stellen. ….

Eine nähere Betrachtung verdient noch der oben bereits angedeutete Plan, dass „die betroffenen Redaktionen“ für „einen Teil der wegfallenden Termine“ Dokumentationen liefern sollen: „je zwei pro Format und Jahr“ (Übermedien). Das klingt auf den ersten Blick natürlich nicht schlecht, ändert aber nichts daran, dass die Redaktionen diesen Überlegungen zufolge mindestens zehn Themen pro Jahr weniger abhandeln können. Bei der Berechnung gehe ich von drei Themen pro Sendung aus – obwohl oft genug vier Beiträge in einer Ausgabe untergebracht werden. …

Es gibt Themen, die für einen neun Minuten langen Magazinbeitrag gut geeignet sind, aber vielleicht nicht unbedingt für einen 30-Minüter im Ersten Programm. ….

Die Pläne der ARD-Oberen brächten also sowohl eine Themenreduzierung als auch eine Themenverengung mit sich.

René Martens, MDR Altpapier, 30.06.2021 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)