Öffentlich-rechtliche Anstalten können, selbst wenn ihr Spitzenpersonal vollkommen integer agiert und die dortigen Journalist*innen professionell arbeiten, nur bedingt „staatsfern“ oder gar komplett „unabhängig“ sein, obwohl sie es sein sollten.
Denn dieselben Parlamentsmehrheiten, die in den Ländern oder – für das ZDF und das Deutschlandradio – im Bund die Regierung wählen, bestimmen mit dieser Regierungsmehrheit auch die relevanten Mediengesetze und Medienstaatsverträge.
Sie bestimmen zudem, was in den jeweiligen Rundfunkräten als gesellschaftlich relevante Gruppe gilt und bestimmen praktisch auch, welche Leute (oft als direkte oder indirekte Abgesandte der jeweiligen Parteien oder sonstigen Interessengruppen) in diesen Aufsichtsgremien vertreten sind. So bestätigen und reproduzieren sich Machtverhältnisse – daher sollten wir über diese Struktur-Probleme reden und nicht nur über sicher fragwürdiges Verhalten einzelner Spitzen-Leute.
Sebastian Köhler, Telepolis, 8.9.2022 (online)