Nach Debatten um Rassismus und Sexismus kommt nun die ökonomische Krise des Hollywood-Kinos. Die Studiobosse glauben, dass Streaming ihre Rettung sei. Womöglich ist es aber ihr Ende.
Es geht dabei also offensichtlich nicht darum, eine Nachfrage zu bedienen. Es geht darum, dass die Großen die Kleinen ruinieren oder übernehmen werden: Netflix mit geschätzten 25 Milliarden Umsatz im Jahr ist ein Zwerg gegen den Disney- Konzern mit 67 Milliarden. Und beide sind winzig im Vergleich zu Amazon; der ganze Konzern hat einen Jahresumsatz von 386 Milliarden. […] In der dritten Januarwoche stürzte die Netflix-Aktie um ein Drittel ab. Der Grund war, dass die Zahl der Abonnenten zu langsam gewachsen war. Was die Frage aufwarf, ob Streaming ohne schnelles Wachstum überhaupt funktionieren kann. Oder ob dem Geschäftsmodell nicht letztlich ein Schneeballsystem zugrunde liege — ein System, bei dem nur eine ständig wachsende Zahl von Kunden die Ausgaben decken kann.
Wenn das aber so ist — und der Augenschein spricht dafür —, dann werden, wenn die Grenzen des Wachstums erreicht sind, bald also, nicht bloß die großen Firmen die kleinen fressen. Dann wird der Komet aus „Don’t Look Up!“, über dessen Bedeutung das ganze Publikum spricht, in Kalifornien einschlagen. Das ganze System wird kollabieren, das System Streaming, von dem sich Hollywood doch gerade noch seine Rettung erhofft.
Claudius Seidl, faz.net, 03.02.2022 (online)