Zitiert: Boulevard mit Anstand – Faktenbasierte Emotionen

Streng betrachtet wird eine Boulevardzeitung nie „seriös“ sein können. Sie kann sich bemühen, anständig zu bleiben. Sie ist ja auch eigentlich gar keine Zeitung, sondern ein Unterhaltungsprogramm, das jedem etwas anbietet: dem Politik-Interessierten, dem Fußball-Freak, dem Guten, dem Bösen, dem Ängstlichen, dem Mutigen, dem Voyeur, dem Romantiker. Jeder soll etwas finden, das ihn interessiert, aufregt, niederschmettert oder zum Lachen bringt. Vielleicht sogar einen Trend setzt. Faktenbasierte Emotionen.

Die richtige Mischung aus Fakten, Fiktionen, Tatsachen und Träumereien ist für den Erfolg auf dem Boulevard so wichtig wie das geheime Leberwurst- oder Cola-Rezept. Julian Reichelt hat dieses Rezept nie verstanden, und allein das wäre ein guter Grund gewesen, ihn zu feuern. …

Denn auch Döpfner hat nie verstanden, was das Geheimnis einer Boulevardzeitung ausmacht. Das war schon zu seiner Zeit als Chefredakteur der Hamburger Morgenpost (1996 bis 1998) offensichtlich. Mit dem Intellektuellen Döpfner und dem Intellektuellen-Darsteller Reichelt standen 20 Jahre später zwei auf der Kommandobrücke von Europas größter Zeitung, die den Kompass aus dem Auge verloren haben und in den Nebel der Macht geraten sind.

Georg Streiter, sueddeutsche.de, 21.10.2021 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)