Der Gangster-Rap ist schließlich die dem Kapitalismus gegenüber opportunistischste Kunstform überhaupt. Seine Protagonisten wollen keine andere Welt, sie wollen ihren Teil von dieser – und zwar einen möglichst großen.
Auf dem Weg dahin nehmen sie die Merkmale der beiden wesentlichen massenbewusstseinsprägenden gesellschaftlichen Sphären der Gegenwart wirklich ernst: aus der Kunst die Selbstverständlichkeit, sich keinen Regeln fügen zu müssen, und aus dem Sport den Behauptungswillen um beinahe jeden Preis. Anders gesagt: Wenn man sich den Idealtyp des zeitgenössischen Kapitalisten vorstellen will, kommt dabei ein Gangster-Rapper wie Bushido heraus, der die Tugenden, denen wir bei allerlei Gelegenheiten im Stadion und im Museum besten Gewissens selbst huldigen, einfach nur ein bisschen auf die Spitze treibt. Bushido, primus inter pares.
Jens-Christian Rabe, sueddeutsche.de, 20.02.2014