Zitiert: Claudia Roth muss Gordischen Knoten benennen

Auf den acht Punkten zu einer Reform der Filmförderung, die Kulturstaatsministerin Claudia Roth zunächst exklusiv in der SZ und im Anschluss vor deutschen Filmproduzenten zur Eröffnung der Berlinale vorgestellt hat, lastet daher ein großer Erwartungsdruck. Und festhalten kann man dies: Roth hat fast alles, was so an Reformideen herumschwirrt, wenigstens mal angesprochen – das meiste aber so vage gehalten, dass es alles oder nichts bedeuten kann. […]

Wenn Roth nun sagt, sie wolle „Ende dieses Jahres in das Gesetzgebungsverfahren einsteigen“, lässt das größtmöglichen Spielraum für weitere Verzögerungen. Einsteigen kann man ja mal, warum auch nicht. Aber wann bitte wäre geplant, worauf es ankommt: der Abschluss, das neue Gesetz? […]

Das man dieses und jenes „prüfen“ will, steht wörtlich bereits im Koalitionsvertrag, und mehr als ein Jahr später wird diese Absichtserklärung einfach noch mal wiederholt. […]

Genauso wenig wird wirklich klar, wie Roth mit dem seit jeher heikelsten Thema des ganzen Förderschlamassels umgehen will: der Balance zwischen Kunst- und Wirtschaftsförderung. Manches klingt so, als wolle sie die künstlerische Förderung besonders stärken, anderes eher danach, als gäbe sie diese ohne Not aus der Hand. […]

„Künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreiche Filme“ will die Ministerin, das kursivierte „und“, so entnimmt man der folgenden Passage, stehe für absolute Gleichwertigkeit. […]

Diese Vermischung ist der Beginn aller Schmerzen, der Ursprung allen Hasses. Weshalb dieses betonte „und“ im Text der Ministerin wieder alle Alarmglocken schrillen lässt. Dabei ist die Idee an sich erst einmal einleuchtend, ja fast banal: Filme können beim Publikum erfolgreich sein, aber nicht gut; ebenso wie sie gut sein können, aber nicht erfolgreich. Die Exemplare aber, die wirklich in die Annalen eingehen, sind künstlerisch brillant und finden dennoch ihr Publikum.

Sollte Claudia Roth am Ende doch die Eine werden, von der alle Prophezeiungen raunen – sie müsste diesen gordischen Verwicklungsknoten zwischen Kunst und Kommerz, der die Filmförderung unrettbar fesselt und mit ewig schlechter Laune umwickelt, durchschlagen. Beginnen müsste sie allerdings mit dem Bekenntnis, dass es ihn gibt.

Tobias Kniebe, sueddeutsche.de, 16.2.2023 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)