Zitiert: Demokratie scheitert nicht am Gegenwind

Mein Eindruck ist zum anderen, dass häufig, wenn heute an Weimar erinnert wird, ein Oberflächenphänomen in den Blick genommen wird. Nämlich, dass wir heute wieder eine in weiten Teilen rechtsradikale Partei haben, die AfD – die äquivalent gesetzt wird mit der NSDAP. […]

Man sollte allerdings hinzufügen, dass in Thüringen, ebenso wie in Sachsen übrigens, 1923 jeweils eine verfassungsmäßig gewählte linke Regierung unter sozialdemokratischer Führung von der Reichsregierung abgesetzt wurde. Der Rechtsruck kam also gewissermaßen von oben. […]

Geschichte wiederholt sich nie. Aber es gibt Erfahrungs- und Handlungszusammenhänge, die sich ähneln. Und aus denen kann man lernen. […]

Ganz abgesehen davon, ob die AfD wirklich mit der NSDAP zu vergleichen ist: Parallelen sind in dieser Form schon deshalb nicht sinnvoll, weil es nicht die Nationalsozialisten waren, die Weimar zerstört haben. Das haben andere getan – und die Nazis haben profitiert. […]

Die Justiz, vor allem die Richter und Staatsanwälte, hatten damals wenig Motivation, die rechtsradikalen Täter zu verfolgen – sie dachten oft genau wie sie. Das ist heute anders. […]

Studien zum Medienverhalten zeigen, dass Menschen in den sozialen Medien wegen der Algorithmen zwar vielleicht in einer Blase stecken, trotzdem aber noch die Fernsehnachrichten gucken, vielleicht mal eine Tageszeitung lesen. In der Weimarer Republik kannten Medienkonsumenten in der Regel nur eine einzige Sicht auf die Welt. […]

Demokratie scheitert nicht am Gegenwind – sondern am fehlenden Rückenwind. Und Rückenwind, das wäre bereits eine Art, über Probleme zu reden, die weniger aufgeregt ist. Wir sollten die Palette von Möglichkeiten, mit der wir reagieren können, in den Vordergrund stellen. Und somit die Alternativen zu denen aufzeigen, die nur Hass erzeugen wollen. Das ist ja der Trick, von dem alle rechtsradikalen Bewegungen leben: Hass erzeugen, und zwar Hass gegen das ganze System. (Paid)

Ute Daniel, sueddeutsche.de, 12.05.2024 (online, Paid)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)