Zitiert: Der Erfolg von True Crime

Dass mediale Darstellungen von realen und fiktiven Delikten Menschen beeinflussen können, die Gewaltverbrechen begehen, ist unter Expertinnen und Experten derzeit eher Konsens. Umstrittener ist dagegen, wie groß diese Effekte sind, ob sie für alle Medienformate und Verbrechen gleichermaßen gelten – und, ob sie wirklich zu neuen Taten anstiften (Motivation) oder „nur“ die Ausführung (Modus Operandi) bereits beabsichtigter Taten beeinflussen. […]

Dabei lässt sich morbide Neugier prinzipiell auch gut bedienen, wenn die Täter selbst nicht im Mittelpunkt stehen. Das legt zumindest ein Experiment nahe, das die Kriminologen Jack Levin und Julie Wiest 2018 ebenfalls im American Behavioral Scientist publiziert haben. In diesem ließ sich zeigen, dass Menschen sich mehr für News über eine Person interessieren, die durch ihr Eingreifen einen Amoklauf beendet hat, als für neue Nachrichten über den Täter oder das erste Opfer. Die Story über die heldenhafte Intervention hätte deswegen das größte Interesse geweckt, weil sie am ehesten potenziell überlebenswichtige Informationen verspricht, vermutet das Team in seiner Ergebnisdiskussion. Das führt direkt zurück zur Kernfunktion morbider Neugier – zumindest so, wie sie Scrivner und auch andere Forschende verstehen: Letztlich konsumieren Menschen Killerserien und True-Crime-Podcasts, um nicht selbst mal als Opfer darin vorzukommen.

Moritz Borchers, sueddeutsche.de, 26.11.2022 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)