Wer eine Recherche beginnt, aber wenigstens innerlich schon meint zu wissen, wie es laufen wird, muss bereits verloren haben. Ich jedenfalls kann mich an keinen Fall erinnern, bei dem mir das Gespräch mit jemandem oder die Sichtung umfangreicher Unterlagen nicht ein neues Bild vermittelt hätte. So sind auch schon zig Geschichten gestorben. Man meint, jemanden an der Angel zu haben, aber wenn man sich um einen offenen Blick bemüht, offenbar die Recherche, dass alles doch mindestens ein wenig anders ist, vielleicht nicht so skandalös, wie man dachte, weshalb man überhaupt angefangen hat. Für uns freie Journalisten ist das finanziell desaströs, weil man dann für den Papierkorb gearbeitet hat. Dabei ist Ergebnisoffenheit das A und O jeder journalistischen Recherche. Nur wenige Redaktionen zahlen, auch wenn die versprochene Geschichte nicht kommt. Aber die kenne ich ja in den meisten Fällen noch gar nicht im nötigen Umfang, wenn ich anfrage, wer sich für ein Thema interessieren würde. Man muss in jedem Fall oftmals viel Zeit investieren, um festzustellen: da ist nichts Berichtenswertes dran. Dafür gibt’s aber kein Honorar.
Timo Rieg, overton-magazin.de, 29.08.2023 (online)
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