Das Bundeskartellamt überrascht mit einer neuen Untersuchung des Online-Werbemarktes. Das ist verdienstvoll, doch im Ergebnis folgenlos. Die wirtschaftliche Dominanz der Tech-Riesen wird dazu führen, dass ihnen unser Mediensystem völlig in die Hände fällt. […]
In vielen Bereichen dominieren einzelne Player: WhatsApp für Messenger, Google Search für Suchanfragen, Facebook/Instagram für Social Media, YouTube für gratis Video-Streaming, und so fort.
Hier hätte man also einen großen Wurf erwartet – und reibt sich dann doch etwas die Augen, wenn sich der Bericht in den feinen Verästelungen der verschiedenen Dienstleistungen im Umfeld von Online-Werbung verliert. […]
Vereinfacht gesagt, können die Behörden in Deutschland und in der EU nur gegen zukünftige Zusammenschlüsse vorgehen. Dagegen können sie natürlich entstandene Vormachtstellungen wie etwa das Quasi-Monopol der Google Suchmaschine nicht angreifen. Erschwerend kommt hinzu, dass auch unser deutsches Medienrecht zwar antimonopolistisch ist, es hier aber nur Konzentrationsbeschränkungen für redaktionelle Medien gibt, wie etwa für Presse oder Rundfunk. […]
Die Wettbewerbshüter formulieren selbst in ihrer Untersuchung, „dass mittelfristig die meisten, wenn nicht alle medialen Kanäle über das Internet verschmelzen werden und alle (mediale) Werbung eine Form der Online-Werbung mit ihren Möglichkeiten werden wird“. Was wiederum bedeutet, dass den Tech-Riesen infolge der digitalen Transformation unser Mediensystem zwangsläufig in den kommenden Jahren den Schoss fallen wird. […]
Eine Gesetzgebung, die das Kernproblem aufgreifen wollte, müsste viel fundamentaler ansetzen: Monopole und Oligopole müssten im Bereich der Medien ein Tabu sein. In den Märkten, in denen sie existieren, müsste man sie abschaffen und Wettbewerb wieder herstellen. (Paid)
Martin Andree, welt.de, 6.9.2022 (online)