Letztlich habe ich die Freiheit der unerreichbaren Gerechtigkeit vorgezogen, nachdem ich jahrelang inhaftiert war und einer 175-jährigen Haftstrafe ohne wirksames Rechtsmittel entgegensehen musste.
Gerechtigkeit für mich ist ausgeschlossen, da die US-Regierung darauf bestand, in der Vereinbarung festzuhalten, dass ich keine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichen oder auch nur eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz über das, was mir infolge ihres Auslieferungsersuchens angetan wurde, stellen darf.
Ich möchte in diesem Punkt deutlich sein. Ich bin heute nicht frei, weil das System funktioniert hat. Ich bin heute frei, weil ich mich nach Jahren der Inhaftierung des Journalismus schuldig bekannt habe. Ich habe mich schuldig bekannt, Informationen von einer Quelle ausfindig gemacht zu haben.
Ich habe mich schuldig bekannt, Informationen von einer Quelle erhalten zu haben. Und ich habe mich schuldig bekannt, die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis gesetzt zu haben. Ich habe mich zu nichts anderem schuldig bekannt. […]
Als wäre die Situation in meinem Fall nicht schon schlimm genug, hat die US-Regierung eine gefährliche neue globale Rechtsposition durchgesetzt. Nur US-Bürger haben demnach das Recht auf freie Meinungsäußerung. Europäern und Angehörigen anderer Nationalitäten wird dieses Recht nicht zugestanden.
Die USA behaupten jedoch, dass ihr Spionagegesetz auch für sie gilt, unabhängig davon, wo sie sich befinden. Europäer in Europa müssen sich also an das US-Geheimhaltungsgesetz halten, ohne dass die US-Regierung ihnen eine wie auch immer geartete Verteidigung zugestehen würde.
Ein US-Amerikaner in Paris kann vielleicht darüber sprechen, was die US-Regierung vorhat. Für einen Franzosen in Paris ist dies jedoch ein Verbrechen ohne Verteidigung, und er kann, wie ich, ausgeliefert werden.
Julian Assange, Telepolis, 05.10.2024 (online)