Zitiert: Die Internetpiraten sind zurück

Wenn man Begriffe wie Internetpiraterie oder Raubkopieren hört, fühlt man sich ins World Wide Web der Nullerjahre zurückversetzt, die Zeit kurz nach dem Bruch: Medien waren nun nicht mehr an analoge Datenträger wie CDs, DVDs oder Schallplatten gebunden. […] Mitte der 2010er-Jahre wurde der illegale Konsum von Filmen, Serien und Musik durch den Erfolg der Streaming-Anbieter wie Netflix, Apple und Amazon wieder in die Schmuddelecke des Internets verdrängt, doch seit Kurzem ist die Urheberrechtsverletzung wieder auf dem Vormarsch.

Allein für das Jahr 2024 hat die britische Datenanalyse-Firma Muso, die sich auf die Erfassung und Analyse ebenjener Piraterie-Daten spezialisiert hat, mehr als 215 Milliarden Zugriffe auf illegale Medienwebsites erfasst. 2020 waren es nur rund 135 Milliarden. […] Während jeder europäische Internetnutzer 2017 noch durchschnittlich 11,5-mal im Monat auf Piraten-Content zugegriffen hat, waren es zum Jahresbeginn 2021 nur noch fünf monatliche Zugriffe, lediglich zwei Jahre später schien dieser Trend aber wieder umgekehrt: 2023 gab es etwa 10,5 monatliche Zugriffe pro Internetnutzer in der EU. Deutschland steht interessanterweise weiterhin an letzter Stelle im EU-Vergleich mit lediglich sieben Zugriffen pro User und Monat. […]

Netzaktivist Engling hingegen macht die Streamingbranche verantwortlich. „Die Rechteinhaber sind zu gierig geworden.“ So sei etwa der Preis des Premiumabos bei Netflix seit der Expansion des Unternehmens auf den deutschen Markt im Jahr 2014 um zwei Drittel auf 19,99 Euro gestiegen. Auch bei den anderen großen Anbietern wurden die Preise angezogen – beim Sportstreamingdienst DAZN sogar von 14,99 Euro monatlich vor 2022 für das werbefreie Abo auf aktuell 44,99 Euro monatlich. […]

Auch die Vielfalt an Anbietern ist für Engling ein Grund für steigende Verstöße. Wo früher ein einziges Abo gereicht hat, um am kulturellen Puls der Zeit zu bleiben, braucht es heute ein halbes Dutzend. Das sprenge die Medienbudgets der meisten Nutzer. Sie gingen dann eben in die Internetpiraterie, mit all den Risiken, die dort drohten: Schadsoftware, Datendiebstahl und Strafverfolgung. „Über diese Hürde muss man die Nutzerinnen überhaupt erst mal schubsen, indem man sein Angebot so sehr verschlechtert, dass dann eine Filesharing-Börse als die bessere Alternative wirkt“, sagt Engling.

Torben Kassler, sueddeutsche.de, 12.11.2025 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)