Das ist für sich genommen keine Nachricht, denn Angela Merkel gehört wohl zu den am meisten fotografierten Persönlichkeiten auf der Erde. Aber sie liebt die Kamera nicht, Angela Merkel sucht das Objektiv nicht, sie zieht keine Energie aus dem Gewitter der Blitzlichter. Man kann sogar sagen: Angela Merkel ist kamerascheu, sie fühlt sich unwohl und bliebe lieber unbeobachtet.
Darin liegt also die große Bedeutung der Koelbl-Fotos: Angela Merkel hat sie gewollt, sie hat die Kamera gesucht und dem Experiment zugestimmt. Einmal im Jahr die Fotos, ein Kopfporträt, eine Halbkörperaufnahme im Stehen, eine im Sitzen. Sechs Kassetten Film, je zwölf Bilder. Ansonsten keine Bedingungen, kein Vertrag, keine Fragen.
Stefan Kornelius, sueddeutsche.de, 12.11.2021 (online)