Zitiert: Die Medien sollten sich darauf besinnen, neutral zu berichten

Das Grundgesetz garantiert die Medienfreiheit. Doch sie wird nicht derart frei genutzt, dass sie geeignet wäre, Demokratie lebendig zu halten. „Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch.“ Vor mehr als 100 Jahren, am 13. Oktober 1921, bemerkte dies Kurt Tucholsky, später einer der bekanntesten Publizisten während der Zeit der Weimarer Republik, in seinem Essay „Presse und Realität“. […]

Wenn dieser Tage auf 75 Jahre Grundgesetz geschaut wird, ist gerade Artikel 5 höchst spannend – gerade mit Blick auf Medien, Künste und Wissenschaften. Die Meinungsfreiheit als hohes Gut: Jede und jeder hat nicht nur das Recht, über eine eigene Meinung zu verfügen (die Gedanken waren ja schon immer frei, wie ein Volkslied kundtut), sondern diese Gedanken zu äußern und mittels aller möglichen Medien auch zu verbreiten. Oder eben verbreitet zu sehen, nicht zuletzt in wichtigen Medien. Wenn man neben der Meinungsfreiheit die danach im Grundgesetz entwickelten Freiheiten zur Information und der Medien selbst übersetzt in die Frage, inwiefern und warum Vertrauen gerade gegenüber etablierten Medien mehr denn je infrage steht, rückt das oben beispielhaft skizzierte Problem der (mangelnden) Artikulation, der (fehlenden) Repräsentation ins Blickfeld: Medien sollen das leisten, was in Ergänzung zu Artikel 5 sowohl entsprechende Mediengesetze und -verträge als auch höchstrichterliche Entscheidungen als Artikulationsaufgabe wichtiger Medien bestimmen: Möglichst allen wichtigen Strömungen, Tendenzen und Bereichen der Gesellschaft – auch und vielleicht gerade den widersprüchlichsten – Ausdruck verleihen. Also sich um Perspektivwechsel und Objektivierung bemühen, insbesondere in den nachrichtlichen Bereichen des Journalismus. […]

Was ließe sich daraus für den Journalismus lernen? Vielleicht das: mehr und besser auf Augenhöhe mit vielfältigen Angeboten den gesellschaftlichen Austausch fördern und weniger von oben herab und somit (zumindest gefühlt) autoritär-einseitig „senden“ zu wollen. Oder anders ausgedrückt: den Leuten, die journalistische Medien nutzen, mehr und vor allem wirklich Diverses anzubieten und damit weniger „wegzulassen“. Sich damit weniger „anzubiedern“, und zwar sowohl bei den Reichen und Einflussreichen als auch innerhalb des eigenen Berufsfeldes beziehungsweise bei den „angrenzenden“ Pressestellen und Stäben für Öffentlichkeitsarbeit.

Sebastian Köhler, berliner-zeitung.de, 18.05.2024 (online, Paid)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)