Zitiert: Die Medienregulierung schafft sich gerade selbst ab

Big Tech und Trump bedrohen die Freiheit der Medien. Die AfD, Europas Rechtspopulisten und Putin profitieren. Die vielleicht letzte Möglichkeit, zu handeln, lassen wir gerade verstreichen. […]

Unsere Demokratie wankt, weil ihre Grundlage zersetzt wird: das Mediensystem. Denn das politische Agendasetting findet auf den Plattformen statt. Unabhängige Anbieter wurden durch die Dominanz der Plattformen weitgehend trockengelegt. Die digitalen Medienmonopole kontrollieren die demokratierelevanten Mediengattungen. Zugleich drücken dieselben Digitalmonopolisten den Journalismus an die Wand, der unter digitalen Bedingungen seine Finanzierungsgrundlage verliert. Das ganze Spiel wird von einer Handvoll Konzerne aus den USA und China beherrscht.

Diese Plattformen haben die volle Kontrolle darüber, welche Inhalte die Menschen ausgespielt bekommen. Ihnen gehört unsere digitale Öffentlichkeit. Wir selbst haben als Gesellschaft die Fäden schon lange nicht mehr in der Hand. Unter diesen Bedingungen können wir nicht mehr von freien Medien sprechen – denn zentrale Aspekte wie Unabhängigkeit, Anbietervielfalt in der Nutzung, Staatsferne sowie die Existenz von starken journalistischen Angeboten werden unter diesen Bedingungen ausgehebelt. […]

Allerdings haben es die Bundesländer unterlassen, diese Probleme anzugehen. Die vorgeschlagene Reform wirkt inhaltlich wie eine Reise in Debatten des letzten Jahrhunderts. Es geht um Rundfunk, Spartenkanäle, Sportrechte, Presseähnlichkeit – und eine gemeinsame Plattform, die unter den Bedingungen der digitalen Monopolisierung kaum Chancen auf Erfolg hat. Im Vorlauf zu den Entwürfen haben sich die verschiedenen Gruppierungen nach Herzenslust zur Wahrung von Einzelinteressen beharkt. […]

Fakt ist: Den Bundesländern gelingt es schon seit mindestens 12 Jahren nicht, eine längst fällige Neuordnung dieser digitalen Themen anzugehen, die vor allem die Einhegung der ohnehin verfassungswidrigen digitalen Medienmonopole und eine entsprechende Neuordnung des Medienkonzentrationsrechts beinhalten würde. Insider berichten, auf der föderalistischen Schiene seien Erfolgsaussichten sowieso niedrig. […]

Projizieren wir unsere Handlungsunfähigkeit in die Zukunft, wird deutlich, wie absurd dieses Szenario ist, in dem wir diese drängenden Probleme nicht anpacken und lösen. Wir kümmern uns hier nur noch um den Teil des Mediensystems, der ohnehin wegschmilzt und schon bis Ende des Jahrzehnts weniger als ein Viertel unserer Medienrealität ausmachen wird – also um analoge Medien wie Fernsehen, Radio, Zeitungen. Die digitalen Medien lassen wir außen vor. Der Taschenspielertrick besteht darin, dass diese gar nicht als Medien behandelt werden, sondern wie Netzwerke oder Infrastrukturen („Intermediäre“). Dumm nur, dass ausgerechnet hier fast der ganze digitale Traffic ist. Was aber wiederum bedeutet: Die Medienregulierung schafft sich gerade selbst ab.

Martin Andree, faz.net, 20.11.2024 (online)

 

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)