Wird mit der Polizeilichen Kriminalstatistik Politik gemacht? Das legt die ARD-Doku „Volk in Angst“ nahe – und wirft auch ein Schlaglicht auf die Krimi-Dichte im deutschen Fernsehen. […]
Macromedia-Studien zufolge berichteten TV-Nachrichten und -Magazine bereits 2017 doppelt so häufig über Gewaltverbrechen wie zehn Jahre zuvor, während ihre Zahl tatsächlich bestenfalls stagnierte. Die Sorge der Deutschen, selbst Opfer einer Straftat zu werden, das misst die Versicherung R & V seit Langem, geht zwar kontinuierlich zurück. Von vier Fünfteln der Deutschen 1990 auf derzeit 20 Prozent. Und für den Freiburger Kriminologen Hans-Jörg Albrecht „nimmt das subjektive Sicherheitsempfinden“ abgesehen von einer „Beule im Zuge von Angela Merkels Flüchtlingspolitik nach 2015“ tendenziell sogar zu. Parallel aber beeinflusst die Menge publizistisch verabreichter Verbrechen gepaart mit der fear mongering genannten Panikmache durch Medien das kollektive Sicherheitsempfinden. Im Rahmen seiner Kultivierungshypothese, wonach ein Übermaß an Fernsehen individuelle Weltbilder prägt, sprach der Kommunikationsforscher George Gerbner schon vor 50 Jahren vom Mean World Syndrome. Dem Gefühl einer feindseligen, gefährlichen Welt durch zu viel Bildschirmgewalt also. Das, was wir im Digitalzeitalter Doomscrolling nennen.
Jan Freitag, sueddeutsche.de, 23.04.2025 (online)