Der eben noch als mächtig und schlangenhaft-vielköpfig beschriebene öffentlich-rechtliche Rundfunk gilt vielen inzwischen als gefährdete Spezies. Die institutionelle Pracht, so wurde am Montagabend im Rahmen des 22. Akademiegesprächs in der Berliner Akademie der Künste in immer neuen Anläufen festgestellt, ist von mindestens drei Fronten bedroht. Die eine naht in Gestalt populistischer Ressentiments, die mit hässlichen Vokabeln wie Systempresse, Staatsfernsehen und Zwangsgebühren in Umlauf gebracht werden. Die zweite Bedrohung geht von einem veränderten Nutzungsverhalten aus, das kulturelle Ertüchtigung nicht länger aus klar definierten Endgeräten bezieht, sondern flüchtig von hier nach da schweift. Die gesellschaftliche Drift zur Digitalisierung hat eine mediale Untreue im Gepäck, die das Programmmachen per se zu strukturellem Krisenmanagement drängt. Daraus folgt drittens nicht zwangsläufig, aber immer öfter, eine operative Erstarrung, in der man so tut, als ginge es darum, die Reste des Guten wenigstens noch für eine kurze Weile zu erhalten.
Harry Nutt, fr.de, 05.09.2023 (online)