Egal mit welchem Inhalt man es befüllt, das Gefäß wird der Füllung die Form geben und seine Wirkung mitprägen. Handelt es sich um ein Gefäß aus blau gefärbtem Glas, wird das, was darin ist, bläulich aussehen, egal ob es Wasser, Wein oder Milch ist. So ähnlich ist es mit Fernsehformaten: Ein Stoff wird unter den Vorgaben eines Reihenkonzepts auch immer zu einem Inhalt aus dieser Reihe.
Das hat Vorteile. Erwartungshaltungen des Publikums können leichter erfüllt werden. Es wird Einschaltanreize bekommen. Wem ein anderer Inhalt eines Formats gefallen hat, der wird vielleicht auch für diesen empfänglich sein. Der „Tatort“ wird gewiss auch deshalb gern eingeschaltet, weil die Dachmarke so gut eingeführt ist. Dieselben Krimis unter anderen, je eigenen Namen – und viele derer, die sie sich anschauen, würden sie wohl gar nicht erst entdecken.
Das hat aber auch Nachteile, die etwa ein formatfreier Dokumentarfilm nicht hat. Eine Redaktion, die bestimmte Formate oder Gefäße befüllt, wird Stoffe auch danach beurteilen, ob sie dazu passen. Formate verlangen bestimmte Festlegungen. Sie haben vielleicht immer die gleiche Anzahl an Protagonisten. Oder eine definierte Länge. Oder sie entscheiden über die Erzählperspektive. Und das hat Konsequenzen für den Inhalt.
Klaus Raab, MDR Altpapier, 01.12.2025 (online)

