Was im Parlament gesprochen und verhandelt wird, bleibt allermeistens im Parlament – oder verfolgt jemand ausdauernd Parlamentsfernsehen? Der Talk fasst zusammen, bündelt, konzentriert. Wer immer in der Sintflut der Äußerungen und Ereignisse unterzugehen droht, dem wird in dieser Sendung Orientierung geboten, Informationsdefizite können ausgeglichen, das Tagesgeschehen eingeordnet, Unsicherheiten aus der Welt geschafft werden.
Im besten Fall. Im schlechtesten trifft professionelle Selbstdarstellung auf behauptete Problemlösungskompetenz, ungehindert von Talkmasterin und Talkmaster inszenieren die Gäste ihre eigene Effektshow. […]
Die Talkshow muss, wie andere Formate auch, mobil werden, sie braucht Verlängerungen in die digitale Öffentlichkeit. […]
Mehr Lebenswirklichkeiten, Sichtbarmachen der gesellschaftlichen Unterschiede durch eine diverse Einladungspraxis inklusive AfD, auch bei den Moderatorinnen und Moderatoren muss die Talkshow keine Lebensaufgabe sein, Lebensabschnittsaufgabe genügt. Wie bekommt man bei aller Abwechslung durch Einspielfilme und weitere Girlanden Tiefe in die Gespräche, Augenblicksmomente der Wahrhaftigkeit, Erstaunen und Empörung? Wie der „Tatort“, so darf auch die Talkshow eines nicht: langweilen.
Joachim Huber, tagesspiegel.de, 03.12.2023 (online)