Ich bin überzeugter Transatlantiker und noch immer davon überzeugt, dass uns mit den USA mehr verbindet als nur wirtschaftliche Interessen. Doch während ich bei ökonomischen oder finanziellen Streitthemen mit dieser Regierung allein schon wegen der zahlenmäßigen Zugänglichkeit Möglichkeiten für Kompromisse sehe, wird das bei der grundsätzlichen Frage der „freien Rede“ und der Meinungsfreiheit sehr schwer. Das berührt das Fundament der europäischen Identität und Rechtstradition, die Freiheit immer in Verbindung mit Verantwortung setzt. Dafür haben wir als demokratische Gesellschaften erfolgreich Regeln entwickelt, die in die digitale Zeit übertragen werden müssen. Hier einen Kompromiss zu finden, ohne diese europäischen Prinzipien infrage zu stellen, halte ich für schwierig. Deshalb ist es wichtig, dass wir das den Bürgern erklären und sie sensibilisieren, damit wir mehrheitlich ihre Unterstützung haben, wenn wir für diese Überzeugung gegebenenfalls auch einen Preis gegenüber den USA zahlen müssen.
Nathanael Liminski, faz.net, 14.06.2025 (online)