Zitiert: Es können mehrere Krisen behandelt werden

Mir werden Fragen gestellt wie: Müssten Sie nicht viel zufriedener sein? Sie haben so viel erreicht. Oder: Warum werden Sie von einigen Menschen gehasst? Wie geht es Ihnen eigentlich als Frau? Oder: Wie finden Sie eigentlich die Grünen? In keiner Frage geht es im Kern um die Klimakrise oder um das, was sie für uns Menschen bedeutet. Am Ende der Interviews wird dann unschuldig gefragt: Warum interessieren sich die Menschen heute weniger für das Klima? Tja. Das kann man so in zehn fast identischen Interviews nachlesen. Ich gebe mir jedes Mal Mühe und probiere, originelle Zugänge zu finden, aber es frustriert mich. […]

Es gibt durchaus den qualitativ hochwertigen Klimajournalismus. Aber darüber hinaus beobachte ich eine wachsende Tendenz, es sich gemütlich zu machen in dieser scheinbaren Rolle des unbeteiligten Dritten. Und ich finde es erschreckend, dass es kaum einen Diskurs darüber gibt, wie Schlagzeilen die Wirklichkeit prägen. Wir sprechen nicht genug darüber, wie Journalist:innen und Medien das Thema Klima behandeln, und wie das die Wahrnehmung der Menschen prägt und verändert. Medien können Aufmerksamkeit oder eben Resignation erzeugen. […]

Es ist nicht die eine Krise, die eine andere überlagert. Sondern die Art, wie diese Krisen besprochen werden. Medien müssen anerkennen, dass große, bedeutsame Themen gleichermaßen im Diskursraum existieren können. Wenn es zum Beispiel um die deutsche Industrie und die Migrationsfrage geht, geht das erstaunlicherweise. Niemand würde zum CDU-Bundestagsabgeordneten Thorsten Frei sagen: „Schade, die Krise bei VW überlagert jetzt das Migrationsthema. Da kommen Sie mit Ihrer Anti-Flüchtlingsagenda nicht mehr durch. Wie geht es Ihnen damit?“ Aber zu mir kommt man mit so einer Frage, bezogen aufs Klima. Nur, wer kommt denn wo nicht durch, und warum nicht? Wer entscheidet das? Wie können sich Redaktionen strukturell der Klimakrise zuwenden und nicht alles auf einen Klimaredakteur outsourcen?

Luisa Neubauer, journalist.de, 20.01.2025 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)