Eigentlich sollte das gesprochene Wort zählen, insofern sind Live-Interviews vor laufender Kamera immer noch das Beste, weil sich Politiker hinterher nicht rausreden können. Motto: Das habe ich nie so gesagt. Marion Horn, eine sehr gute Journalistin, die ich in meiner kurzen Zeit bei BILD erleben durfte, weigert sich, nachdem sie BILD wieder übernommen hat, Interviews autorisieren zu lassen. Ihr Credo: Der Politiker, der mit uns spricht, muss wissen, dass wir das, was er sagt, eins zu eins in die Zeitung heben. Gut so. Es frustriert jeden Journalisten zutiefst, wenn er meint, er kommt mit einem wunderbaren Interview mit dem Bundeswirtschaftsminister oder der Bundesbildungsministerin zurück, er feilt stundenlang daran herum – und dann bekommt er aus der Presseabteilung des Ministeriums einen Text zurück, der nichts mit dem zu tun hat, was ursprünglich gesagt wurde. Da gibt es Rotstiftfassungen von Ministern, die retuschiert, geändert und geglättet haben, und wehe, Sie halten sich als Journalist nicht daran. Ich finde, das sind alles Dinge, die gehören sich nicht. Es sollte das gesprochene Wort gelten, wie es etwa in Frankreich längst üblich ist.
Dr. Jörg Köpke, fachjournalist.de, 20.01.2025 (online)