Nein, unsere Untersuchungen haben nicht ergeben, dass sich zwei gesellschaftliche Großgruppen unversöhnlich gegenüberstehen. Die These ist mindestens stark überzogen. […]
Es gab jüngst auch interessante Berichte darüber, was die AfD-Strategen eigentlich so machen. Ergebnis: Die machen eigentlich gar nichts, die warten nur auf neue Aufregerthemen, gucken dann, wie sich die Grünen zu denen positionieren – und nehmen genau die gegenteilige Haltung ein. Die AfD hat es da als politischer Wegelagerer ungleich leichter. […]
Verkehrt ist zum Beispiel eben die Annahme, dass, wer migrationsfeindlich eingestellt ist, auch homophob und klimaskeptisch ist. Die Lage ist viel unübersichtlicher. Man kann etwa nicht sicher davon ausgehen, dass ein AfD-Wähler auch homophob ist, das sind voneinander unabhängige Konfliktarenen. Einen Megakonflikt, an dem entlang sich eine einzige klare Frontlinie entwickelt, die alles andere sortiert, gibt es laut unserer Daten bislang nicht. Die Debatte ums Klima könnte ein Megakonflikt werden. Bis vor fünf, sechs Jahren war die Frage, wie jemand zur Migration steht, noch völlig unabhängig davon, wie er oder sie sich im Feld der Klimapolitik positionierte. Inzwischen sind die Themen stärker miteinander verwoben.
Steffen Mau, sueddeutsche.de, 5.10.2023 (online)