Die Wissenschaftler organisierten Versuche mit 2735 Probanden, denen sie Nachrichtenpakete mit unterschiedlich hohem Anteil an Blödsinn vorlegten. Die Rate an Falschnachrichten betrug 17, 33, 50, 66 oder 83 Prozent. Damit die jeweilige Weltanschauung oder politische Überzeugung der Studienteilnehmer die Ergebnisse nicht verzerrte, passten sie die Inhalte an: Jeder bekam Aussagen, die er nicht womöglich aus ideologischen Gründen ablehnen würde. […]
„Wir haben eine bedeutsame, konsistente Auswirkung auf das Vertrauen in die Medien als solches beobachtet“, schreibt das Team um Altay. Heißt: Je höher der Anteil an Falschnachrichten war, desto geringer fiel am Ende das Vertrauen in den Wahrheitsgehalt irgendeiner Nachricht aus. Woran soll man auch noch glauben, wenn so viel Unfug kursiert? Der Effekt trat unabhängig davon auf, ob die Probanden regelmäßig Nachrichten lesen. Auch die Fähigkeit zu kritischem Denken konnte den Effekt offenbar nicht mindern. Stattdessen erzeugte ein hoher Anteil an Falschnachrichten die Illusion, dass man Lüge und Wahrheit schon unterscheiden könne, was aber nicht zutraf: Am Ende hielten die Teilnehmer auch korrekte Nachrichten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit für falsch – sie glaubten so gut wie gar nichts mehr.
Sebastian Herrmann, sueddeutsche.de, 15.4.2023 (online)