Zwischen denen, die die taz gründeten, und denen, die heute für sie arbeiten, liegen Welten. Die Gründerinnen und Gründer waren nicht vom Fach, viele wollten auch gar keine Journalisten werden, sondern hatten die Idee, es müsse endlich mal – zum ersten Mal nach 1933 – eine unabhängige freie linke überregionale Tageszeitung geben. Um bei der taz angestellt zu werden, brauchte niemand ein Zeugnis aus einer Journalistenschule. Säzzer, die keine Lust mehr hatten, nur Säzzerbemerkungen in Artikel reinzuschreiben, konnten in die Redaktion wechseln. Leute, die in der Kantine anfingen, wurden sehr gute Redakteure. Es war sehr durchlässig. Heute kenne ich von denen, die für die taz arbeiten, kaum mehr jemanden. Sie erscheinen mir viel professioneller und scheinen das Arbeiten für die taz als Job zu begreifen, als relativ normalen Job bei einer etablierten Zeitung. Ein bisschen radikaler würde ich sie mir wünschen, habe ich gelegentlich gesagt.
Hans-Christian Ströbele, taz.de, 28.08.2023 (online)