Als vor 34 Jahren die Menschen in der DDR auf die Straße gingen, um ihr Land zu verändern, fand das damals oft benutzte Zitat von Rosa Luxemburg „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“ breite Zustimmung, auch im Westen. War diese Zustimmung eigentlich wahrhaftig oder wurde diese These nur unterstützt, weil „die da im Osten“ scheinbar endlich so dachten, wie in der damaligen Bundesrepublik gedacht wurde?
Drei Jahrzehnte sind inzwischen vergangen, und wenn ich den Umgang mit Andersdenkenden in unserem Land heute und in den letzten Jahren betrachte, verstärkt sich mein Eindruck, dass Luxemburgs Worte damals allen so gut gefallen haben, weil es eine Phase großer Übereinstimmung war.
Beweisen muss sich die Zustimmung aber dann, wenn unterschiedliche Positionen aufeinanderprallen. Wie wird mit Menschen eigentlich umgegangen, die heute im Rahmen unserer Verfassung „andersdenkend“ sind?
Dirk Zingler, berliner-zeitung.de, 1.10.2023 (online)