Zur Prime Time der Öffentlich-Rechtlichen und Streamer will man lieber Geschichten von Gangstern sehen, die Momo und Abbas heißen, gerne Jogginganzüge tragen und im HInterzimmer eines Berliner Shisha-Cafés ein paar lila Scheine zählen. Den meist weißen Regisseur:innen zufolge befinden sich Gangster in Bezirken wie Neukölln und deren Gewaltexzesse und kriminellen Machenschaften werden dann als herkunftsbasierte Distinktionsmerkmale romantisiert.
Es sind keine tieferliegenden sozioökonomischen Probleme und (bezirks)politisches Versagen, die im Film oder in den Kritiken diskutiert werden, sondern das fremde Neukölln an sich und die darin lebende Spezies des migrantischen Gangsters, die als homogene Masse mit hochinteressanten, folkloristischen Eigenarten die kulturwissenschaftliche Interpretierfähigkeit des deutschen Intellektuellen herausfordern. Eine abenteuerliche Expedition aus bürgerlicher Distanz.
Die Sprache der Gangster, ihre Erscheinung, ihr Auftreten: alles daran soll charakteristisch für Ausländer per se sein. Dabei bilden Gangsterfilme aus sogenannten sozialen Brennpunkten ja eigentlich nur einen gesamtgesellschaftlich fehlerhaften Umgang mit Einwanderung und anderen Kulturen in Deutschland ab.
Büşra Delikaya, tagesspiegel.de, 13.3.2023 (online)
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