Ihre Kriegsziele hat die israelische Regierung nach sieben Monaten nicht erreicht: Weder konnte sie die Geiseln auf militärischem Wege befreien noch die Hamas in die Knie zwingen. Den Krieg der Bilder hat Israel dagegen bereits verloren. Das liegt nicht nur an Medien weltweit, die Bilder palästinensischen Leids verbreiten. Es liegt auch an israelischen Soldaten, die ihre Taten in Gaza dokumentieren und unbekümmert ins Netz stellen. […]
Israelische Soldaten haben sich dabei gefilmt, wie sie Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Moscheen zerstören oder in die Luft jagen, ohne dass irgendein militärischer Sinn erkennbar wäre. Manche kommentieren ihr Zerstörungswerk mit zynischen Sprüchen oder denken laut darüber nach, Gaza in ihren Besitz zu nehmen. […]
Nach dem 7. Oktober nutzte Israels Regierung die schrecklichen Bilder von den Gräueltaten der Hamas, um ihr Vorgehen in Gaza zu rechtfertigen. Die täglich neuen, furchtbaren Bilder aus Gaza haben deren Schrecken überlagert. Deutsche Medien halten viele dieser Bilder zwar von ihrem Publikum fern. Noch weniger Bilder aus dem Gazastreifen erreichen die Menschen in Israel, denn die TV-Sender dort berichten kaum über das Leid in Gaza. Doch wer will, findet diese Bilder im Netz.
Das könnte erklären, warum manche gleichgültig auf diesen Krieg blicken, während andere schockiert und empört sind: Man lebt in verschiedenen medialen Realitäten.
Daniel Bax, taz.de, 30.05.2024 (online)