Statt über die Mächtigen zu berichten, wäre es eben schön, wenn ihr Glanz auf einen selbst abfärbt. Deswegen hat sich bei diesen Influencerjournalisten die Unart etabliert, bei Sommerfesten, Staatsempfängen und am Rande von internationalen Gipfeln, Politiker nach Selfies zu fragen. Diese sind, trotz ihrer unvorteilhaften Winkel – mehr Doppelkinn als Haare – nicht für den Familienchat bestimmt, sondern für die eigenen Social-Media-Profile. Was man damit sagen möchte: Guckt, ich bin wichtig, Macron steht neben mir. Was man damit eigentlich sagt: Ich kuschle mit Politikern.
Klug ist das nicht. Insbesondere, wenn die aktuelle Regierung so unbeliebt wie keine zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik ist und das Vertrauen in die Medien stetig sinkt. Die Berliner Selfie-Journalisten tragen ihren Anteil daran. Sie halten sich als vierte Gewalt für die Chronisten und Retter der Demokratie und merken nicht, wie sehr sie der Glaubwürdigkeit der Medien und damit der Demokratie schaden.
Franziska Zimmerer, welt.de, 25.07.2024 (online)