Mich interessieren Figuren, die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren eigenen Dämonen führen. Den edlen Helden, der über das Böse triumphiert, finde ich langweilig. Wie kann es sein, dass wir als menschliche Wesen so viel Schönes und zugleich so viel Zerstörerisches in uns tragen? Dass wir alle ausnahmslos zu furchtbaren Dingen fähig sind? Warum verletzt man oft gerade die Menschen, die man liebt? Diese Themen beschäftigen mich seit Kindheitstagen. […]
Dass ein Film wie „Systemsprenger“ einen Diskurs angeregt hat, freut mich, aber einen sozial relevanten Film zu drehen, war nicht meine erklärte Absicht. Mir ging es vor allem um Benni als Figur. Manchmal wünschte ich mir, einen sinnvollen Beruf zu haben, dann widerspricht mein Mann: Aber das hast du doch! Mir kommt es gar nicht so vor, für mich ist Filmemachen vor allem ein wunderschöner, künstlerischer Beruf. Es muss einen Funken geben, damit ich Lust habe, mich jahrelang mit einem Thema zu befassen und dafür meine Kinder zu vernachlässigen und meine Beziehung auf die Probe zu stellen. […]
Das Tolle am Spielfilm ist für mich, wenn er durch den Einsatz von Bildern und Tönen zur audiovisuellen Erfahrung wird, die sich auch davon befreit, so echt wie möglich sein zu müssen.
Nora Fingscheidt, sueddeutsche.de, 06.12.2024 (online)