In einer Hinsicht hat das Büchlein aber durchaus Erkenntniswert, denn es führt vor Augen, wie wenig sich Redaktionen der eigenen politischen Rolle qua „Agenda-Setting“ bewusst zu sein scheinen. So vertreten unsere Talkmasterinnen und Talkmaster in mehreren zitierten Gesprächen die naive Ansicht, lediglich abzubilden, was „die Menschen im Land bewegt“. Im interessantesten Kapitel zeichnet der Autor detailliert nach, wie die Alternative für Deutschland über ihre verschiedenen Phasen hinweg das Format Talkshow für sich zu instrumentalisieren wusste.
Dass Talkshows gegen Rechtspopulismus so wehrlos scheinen, hat laut Weber mit einer strukturellen Verwandtschaft in Bezug auf Mobilisierung und Debattenlogik zu tun: „Was die Menschen im Land bewegt“, gehört in der Tat heute zur Legitimationsrhetorik von Parteien wie der AfD. Allerdings sind Talkshows sicher nicht die einzigen Medien, die auf Quote durch Eskalation setzen. Und sicher nicht die schlimmsten.
Oliver Jungen, faz.net, 18.12.2019 (online)